Montag, 20. Dezember 2021

 Früher oder später bestehen die meisten Jobs nur noch darin, sie nur noch durchzustehen.


Außenliegende Genitalien: eine ganze Handvoll! Und dann die Enge zwischen den Beinen. Und so verletzlich. Welch eine Last! - Ja, meine Gnädigste, stellen Sie sich das ruhig mal vor! Ihren schweren Busen, mit Verlaub, den stelle ich mir ja auch vor.


Statt einer Meinung vertrat er sich lieber die Füße. Er ging in Kaufhäuser und betrachtete die ausgestellten Waren, beobachtete die Menschen und fand das alles komisch. Wilhelm hieß er.


In martialischen Buch-, DVD- und Plattencovern nur noch die unfreiwillige Komik sehen und über seine eigenen jungen Jahre nachsichtig schmunzeln; Älterwerden geht schon in Ordnung.


Mit den Illusionen schwand dann auch die Lebensenergie, der ganze Elan. Was blieb, war der Humor. Und der wurde mit einer unverstellten Sicht sogar immer besser.


Wieder mal trank er völlig ohne Erwartungen ans Trinken. Es machte keinen Sinn mehr, der Zauber war weg; die Laune, das Vergnügen, alles weg.  Er machte noch eine Flasche Port auf und schnitt sich weiter die Fußnägel.


Obwohl auf dem Dorf ist er fern jeder kirchlichen Einflussnahme aufgewachsen und das Kirchengeläut jetzt nahe seiner Stadtwohnung erweckt, wenn überhaupt, lediglich apokalyptische Assoziationen.


Wie ein Zombie läuft er inzwischen Tag für Tag durch den Bürotrakt. - Aber wie so'n klassischer Zombie, der sich nur langsam und schleppend bewegt und dabei stöhnt und ein Bein nachzieht. Nicht so wie diese modernen Action-Zombies, die steh'n ja für komplett was anderes.


Von Montag bis Freitag funktionierte er einwandfrei und die Wochenendgestaltung überließ er dann dem Alkohol. Irgendwann mal hatte er sich wohl für dieses Lebensmodell entschieden und einen Plan B gab es nicht.

Montag, 13. Dezember 2021

 Wodka un Bockwurst vonne Tanke un die Heizung schnurrte au wieder. Ralf 'Ralle' F. war zufrieden, die Olle war grad au nich da.


Er war gut in seinem Job, richtig gut; er nahm ihn ernst und wichtig und er betonte auch bei jeder Gelegenheit die soziale Relevanz seiner Tätigkeit und seine enorme persönliche Verantwortung. Als Mensch war er in erster Linie ermüdend.


Damals, der schräge Typ in der Punk-Clique mit dem grauen Sakko, der gebügelten Hose und dem Seitenscheitel, das war der eigentliche Punk, nicht die mit den Nietenjacken, absichtlich zerrissenen Jeans und bunt gefärbten Haaren.


Diesmal fragte er den Alkohol um Rat. Die Ratschläge waren dann ziemlich einfach gestrickt, auch ruppig und keinesfalls zielführend, aber immerhin weitaus ehrlicher als das, was er sich vorher selbst so aufgetischt hatte.


All die kleinen Siege im Alltag errang er in aller Regel mittels Schweigen und ehrlichem Desinteresse.


Als Kind bist du mit deinem Spielzeug in eine echt irre Fantasiewelt abgetaucht; jetzt kannst du dir noch so'n teuren Scheiß kaufen, es funktioniert nicht mehr.


Allein und isoliert in seiner 1-Zimmer-Wohnung ging er sich besser selbst aus dem Weg und ließ den Fernseher lieber an.


Im Vorzimmer saß da diese zuckersüße Schönheit mit einem XL-Lächeln und diesen XXL-Fingernägeln. So ahnte er schon im Voraus, auf wen in etwa er gleich treffen sollte.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

 Manchmal überfällt ihn aus heiterem Himmel die Frage: Wieso existiert das Universum? Und dann steht er da wie vom Donner gerührt. Wie der Ochs vorm Scheunentor steht er da. Ein Glück nur, dass das schnell vorbeigeht und er weitermachen kann mit dem, was er eben so macht.


Der sich hitzig aufschaukelnde Disput zwischen Ulrich R. und Kuno O. gipfelte nach einigen Sticheleien in der bösartigen Unterstellung von Kuno O., Ulrich R. habe ja überhaupt gar keine Ahnung von der Materie. So kam der Verkauf der Ü-Ei-Figur "Ferdi Fallobst" nicht zustande.


Obwohl er in seinem Hinterkopf bereits ein gutes Dutzend nicht jugendfreier und politisch inkorrekter Bezeichnungen für sein Gegenüber angesammelt hatte, behauptete er: "Also, da fällt mir jetzt nichts mehr zu ein!"


Scheiße, dachte er. Dann machte er sich noch ein Bier auf und dachte sich was anderes.


Du willst sexy sein? - Entspann dich und lass das mit dem ganzen Firlefanz!


Früher hieß ein Apfel noch "Gravensteiner", "Danziger Kantapfel", "Minister von Hammerstein", "Blutroter Kardinal" oder "Uelzener Rambour". Und dann kam der "Pink Lady".


Schon an seinem allerersten Arbeitstag, als Michael 'Aroma-Mike' M. in unmittelbarer Nähe der entsetzten Abteilungsleiterin ein höllischer Bier-Zwiebelsuppen-Furz entwich, hatte er seinen Spitznamen weg.


Der Blick aus dem Fenster verriet nichts Gutes mehr; seit über 20 Jahren die gleiche Aussicht, durchaus schön, aber im Grunde zum Verrücktwerden.


Aber Alleinsein mache krank, hieß es, der Mensch sei ein soziales Wesen, hieß es. Sein persönliches Empfinden tendierte da aber zusehends in die entgegengesetzte Richtung.


Aus Witz war er im Umgang mit unhöflichen Menschen immer ganz besonders fröhlich. Sie hielten IHN für einen Idioten und das war der Witz.

Dienstag, 30. November 2021

 "Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen." (Hugo v. Hofmannsthal)
Immer schön nach dem ewigen Auf-die-Fresse-fallen.

"Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche." (D. Bonhoeffer)
Sagten sich damals schon die ollen Galeerensklaven, um sich aufzumuntern.

"Arbeit sei dir dreierlei: Nährer, Freudenbringer und Arznei." (Emil Oesch)
Yeah, Arbeit! Sex'n'Drugs'n'Rock'n'Roll sind'n müder Furz: Arbeit rockt!

"Willst du viel, spül mit Pril!" (Pril)
An diesem Zitat gibt es für mein Dafürhalten nichts auszusetzen.

 So lässig und lustig, wie er es sich vorher in seinem Kopf ausgemalt hatte, war's dann doch nicht, wieder mal. Aber er lässt sich nicht unterkriegen, sein Kopf ist und bleibt ein toller Ort.


Ging er nun durch die Stadt, konnte er sich nicht des Eindrucks erwehren, dass inzwischen besorgniserregend viele Menschen, jung wie alt, zweifelsohne dem Zucker und der trivialen Unterhaltung verfallen waren.


Über Geld sprach man hierzulande nicht, dafür umso eher über die Arbeit, gern ausschweifend und detailversessen, mitunter schamlos erregt. Den monetären Aspekt überließ man dabei der Phantasie des Zuhörers.


Die Anderen blieben ihm fremd, machten ihm Angst. Wie hätte er ihr Leben leben, ihre Spielchen spielen können?
Er blieb lieber allein und sie mochten ihn nicht, weil er damit auch noch so unverfroren zufrieden war.


Nie wusste er so recht, womit er eigentlich mal sein Geld verdienen wollte. Jetzt verdient er seit über 20 Jahren im gleichen Beruf sein Geld und weiß es immer noch nicht.


In der Vorweihnachtszeit ist sein Weg zur Arbeit anders: Lichterketten schmücken die Kälte und Nässe, spiegeln sich in ausgelatschten Pfützen.
Und auf dem Heimweg dann auch.

Sonntag, 21. November 2021

 Was mache ich hier überhaupt? An dieser Frage wollte er immer wieder verzweifeln. Bis er dazu überging, sie nur noch wörtlich zu nehmen. Jetzt zum Beispiel saß er im Büro und pellte sich eine Mandarine, eine zweite um genau zu sein. Es war gerade die Zeit für Mandarinen.


Allerdings, da es nun darum ging, geduldig zu warten, bis sich diese ihm lästige Angelegenheit von allein erledigt, da reihte er sich widerstandslos ein in die Riege der ihm sonst so divergenten Geduldsmenschen.


Es ist, wie's ist und es kommt, wie's kommt, sagte Oma immer, als es mit ihr langsam zu Ende ging, und vielleicht ist das ja schon alles, was man wissen muss.


Als Kind fand er ihn immer schön. Den wahren Charakter des Weihnachtsmarktes lernte er dann erst unter dem Geselligkeitszwang eines Betriebsausflugs kennen. Die ganze Abteilung war da und tat amüsiert.


Und was nimmt er nicht alles allen Ernstes ernst! Ein moralischer Mensch will er sein, durch und durch.
Und nun folgt ihm auch noch der Zeitgeist, das macht ihn ja noch unausstehlicher!


Aus Mangel an Humor versteifte er sich auf eine schrullige Ernsthaftigkeit, die an Humor kaum zu überbieten war.


Den Begriff "Ruhestand" wörtlich und ernst zu nehmen, ist ein richtungsweisender und maßgeblicher Punkt in meiner persönlichen Agenda des Älterwerdens.
(Keine Busreisen. Niemals!)

Sonntag, 7. November 2021

 Letzten Endes kommt es vielleicht nur darauf an, dass man trotz allem einfach immer ein freundlicher, umgänglicher Mensch geblieben ist. Ich jedenfalls möchte mich mal nur so verabschieden.


Früher hat er in dieser Absturzkneipe gejobbt, oft so betrunken, dass er nicht mehr wusste, ob er noch Bedienung oder selbst Gast war. Irgendwie hat er's aber immer hingekriegt. Jetzt ist sein Leben bürgerlich, mit Frau, Kind und Vollzeitstelle, und er kriegt's immer weniger hin.


Aber wohin jetzt mit der Trunkenheit? Sonst hat er immer gern Musik gehört, aber jetzt? Nichts mehr, nur noch Leere, irgendwie läuft bei ihm alles ins Leere, jetzt sogar das Trinken, Teufel auch! Er gießt sich noch einen ein.


So reihte er sich ein in das Heer der gescheiterten Existenzen, die den schrillen Versprechungen der Popkultur auf den Leim gegangen waren. Musiker wollte er werden, Rockstar, und dann als Schauspieler durchstarten. Er zog im Foyer des Jobcenters die Nummer 748 und setzte sich.


Auf der Arbeit ist er außerordentlich freundlich und zuvorkommend, lacht über deine Scherze, zeigt für alles Verständnis und betont gern seine Zustimmung und Begeisterung. Nie erlebt man ihn anders und je länger man ihn kennt, desto unsympathischer wird er.


Er fällt anderen schnell ins Wort, schon aus Gewohnheit. Für ihn ist das was Grundsätzliches: Würde er anderen zuhören, sich für ihren Scheiß interessieren, wäre er nicht da, wo er jetzt ist und er fühlt sich wohl, wo er jetzt ist - sauwohl!


Als Kind wurde er von vorn bis hinten verhätschelt und mit der Erwartungshaltung schlich er dann durchs Leben. Immerhin hatte er aber eine schöne Kindheit.


Obwohl er nur noch wenig trank, hatte er immer genug Alkohol für einen Vollrausch vorrätig. Allein die Möglichkeit beruhigte und befreite ihn und allein das, Beruhigung und Befreiung, war es ja, was er überhaupt noch vom Alkohol wollte.


Weil er meint, klüger zu sein als andere, wird er schnell ungeduldig mit anderen. Das ist nicht nett. Und auch eher weniger klug.


Damals hatte er sich mal mit einem Edding den dritten Streifen auf seine Turnschuhe gemalt. Dass er da erst recht ausgelacht wurde, hat er längst vergessen. Heute Abend wird er jedenfalls mit dem geliehenen Sportwagen mal wieder die Partymeile rauf- und runterbrettern.


Auch er hatte diese kindliche Phase, als er Fliegen quälte, ihnen Flügel oder Beine ausriss, sie lebend in ein Spinnennetz warf, bösartig und sadistisch. Es ist in ihm, doch er hatte Glück und wuchs zu einem normalen, freundlichen Mann heran, harmlos und empfindsam.


Während sie von ihrer erfolgreichen "Work-Life-Balance" und der generellen Wichtigkeit von "Self-Care" redete und redete, saß Paketzusteller Jens S. nur einen Tisch weiter und musste sich das anhören.


Damals, als man sich noch am Wochenende nachts um halb zwei sternhagelvoll kennengelernt hatte, da kam man schneller zur Sache, die Beziehungen hielten dann aber auch jetzt nicht so viel länger als heutzutage.

 "Wenn man nicht weiß, wohin man will, so kommt man am weitesten." (W. Shakespeare)
Oder man bleibt einfach mal mit dem Arsch zu Hause.

"Liebe ist, was dich lächeln lässt, wenn du müde bist." (Paulo Coelho)
Oder Selbstgefälligkeit. Oder Omis Opiate.

"Einen Weg wählen hieß andere Wege aufgeben." (Paulo Coelho)
Als er die Pizza bestellte, traf ihn die Erkenntnis, dass er nun keine Nudeln bekam.

"Diejenigen, die wir lieben, können uns am meisten verletzen." (Paulo Coelho)
"Nein! Doch! Ohhh!"

"Die meisten leben in den Ruinen ihrer Gewohnheiten." (Jean Cocteau)
Die Gewohnheitsmenschen, die ich so kenne, habens meistens aber eher behaglich.

"Das Leben ist ein Bumerang: man bekommt zurück, was man gibt." (Dale Carnegie)
Haben Sie schon mal nen Bumerang geworfen? Und? Isser zurück gekommen?

"Es ist nie zu spät, das zu werden, was man hätte sein können." (George Eliot)
Etwa so wie der 80jährige, der aus dem Fenster stieg und dann nicht mehr wusste, was er jetzt im Garten wollte und wieso er überhaupt aus dem Fenster raus ist?

Sonntag, 31. Oktober 2021

 Wenn's bei ihm im Leben mal bergab geht, dann nur, um Fahrt aufzunehmen für den kommenden Aufschwung, dachte er; wie bei so 'ner Achterbahn, dachte er. - Dachte er.


An seinem ersten Tag als Rentner machte er sich morgens um 9 einen Instantkaffee und schaute teilnahmslos aus dem Küchenfenster in den Hinterhof, genau so wie seit den letzten acht Jahren seiner Arbeitslosigkeit auch.


Schlichtweg seine Arbeit zu verrichten, einfach seinen Job zu machen, das war nie sein Problem, das ganze verlogene Theater drumherum war es.
Oft wünschte er sich, allein im Wald zu arbeiten: Holz sägen, Tiere zählen, nach dem Rechten sehen, irgendsowas.


Auch wenn er Arbeit nur vortäuschte, mit Papieren in der Hand ziellos umherlief oder sonst wie die Firma um bezahlte Arbeitszeit betrog: Es war Lebenszeit, die draufging, so oder so.


War er nun besonnen oder eher unentschlossen oder einfach nur faul? Er wusste es selbst nicht. Solche Dinge entschied auch eher seine Frau für ihn.


Sozial erwünschte Plattitüden höre ich immer wieder gern; so wie damals meine Otto-Platten.

Sonntag, 24. Oktober 2021

 Jedes Wochenende begießt er mit Alkohol seine Träume und jeden Montagmorgen quält er sich dann aus ihren Trümmern.


Den anderen bereitete es Sorgen, aber er wünschte sich insgeheim schon lange, dass endlich irgendeine Maschine seine Arbeit verrichtet. Der Rücken machte ihm Probleme, die Gelenke taten weh und überhaupt, er hatte genug.


All diese leeren Tage, vollgestopft mit Erledigungen und Besorgungen.


In ihrem Gesicht liegt immer dieses zaghaft unterdrückte Lächeln. Es reicht, dass sie ihm bei der Arbeit nur mal kurz über den Weg läuft, schon fühlt er sich besser.


Seit knapp 4 Jahren sitzt er ihr jetzt im Büro gegenüber und plötzlich fällt ihm ein, dass sie ihm in all der Zeit ja noch nie etwas erzählt oder gesagt hat, was er wirklich witzig oder interessant gefunden hat. Und ihr geht es bestimmt genauso.


In seinen jungen Jahren war ein Abschied immer auch ein Neuanfang. Jetzt klammert er. Selbst den verstaubten alten Mief lässt er nicht los, ahnt er doch, dass da groß nichts mehr auf ihn wartet.


Heute hatte er sein 25jähriges Dienstjubiläum. Er musste einen ausgeben und bekam eine Urkunde überreicht. Sein Chef hielt eine Ansprache, die ein paar Witzchen enthielt. Er weiß nicht, wann er sich zuletzt so niedergeschlagen gefühlt hat. Er weiß es wirklich nicht.


Dass er es nun mit Leuten zu tun hat, die sich an den Wochenenden gegenseitig zu Spieleabenden einladen, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Ist dieses Berufsleben womöglich auch seine Endstation?


Er ertrug es einfach nicht mehr, all die Enttäuschungen, Kränkungen und Peinlichkeiten. Jetzt lebt er allein in einer 1-Zimmer-Whg., schaut viel fern, am liebsten Filme, die er schon kennt. Anders kriegt er's nicht mehr hin, will es auch gar nicht.


Es tut ihm ja leid, aber er findet's nun mal lächerlich, es ist nichts Persönliches, er findet so ziemlich alles nur noch lächerlich, weil, nur so erträgt er's, ohne gehässig oder bösartig zu werden, und das will er nun mal nicht.


Kein normaler erwachsener Mensch mag Mitmachtheater und trotzdem wird fleißig mitgemacht; überall und jederzeit, schauen Sie sich doch nur mal um!


Wenn er sich mal aufregt, dann nur über irgendso'n Quark, der ihn überhaupt nichts angeht. Dann geht's schnell wieder vorbei und er hat seiner Frau gezeigt, dass auch er sich durchaus mal aufregen kann.

Sonntag, 17. Oktober 2021

 Aus Langeweile kauft er Zeug. Im Baumarkt. Oder so T-Shirts mit so Sprüchen drauf. Sie geht ja am liebsten zum Frisör und seit einiger Zeit auch zum Nägelmachen. So kriegen sie ihre restlichen Jahre auch noch rum.


Je exklusiver die Designermöbel in ihrem City-Loft mit der Zeit wurden, desto sehnsüchtiger dachte er an seine erste eigene Bude zurück, damals im Hinterhof mit den Sperrmüllmöbeln und all der Unbeschwertheit darin.


Der Kollege Achim H. fällt bei den Weihnachtsfeiern immer unangenehm auf und alle freuen sich jetzt schon wieder darauf.


Ihn zu hassen, kam ihr nie in den Sinn, dafür aber tief empfundene Freude, wenn er nicht da war.


Früher dachte er immer, Drogen würden das Bewusstsein verändern. Aber dann lernte er das Erwerbsleben in Form einer unbefristeten Vollzeitstelle kennen.


Am ersten Tag der Home-Deko-Messe treffen sich die Profis und fachsimpeln in kleinen Gruppen laut und gut gelaunt daher. Offenbar nehmen sie sich, ihr Fachwissen und ihre Branche durchaus ernst, inmitten von all dem Tinnef.

Samstag, 9. Oktober 2021

 Morgens war er klar und aktiv im Kopf, malte sich ein Leben aus. Dann musste er zur Arbeit.
Abends stellte er den Fernseher an und alles war sinnlos.
Das war so sein Rhythmus. Und sein Leben.


Der ansonsten völlig unauffällige ältere Herr im 6. Stock führt in seiner Wohnung laute Selbstgespräche. Manchmal schreit er auch. Niemand spricht ihn darauf an oder beschwert sich über ihn. Wie ihm geht es vielen.


Er war jetzt Anfang 30 und immer noch ein Idiot. In manischen Großmannsträumen fuhr er im Supersportwagen durch den Kiez, gefeiert von den steilsten Bitches - und wenn die Träume dann wieder an seiner kläglichen Realität zerbrachen, schlug er zu. Irgendein Opfer fand sich immer.


Seine Ansichten passen mir nicht und seine Beliebtheit geht mir entschieden zu weit. Mal schauen, wo man ihn gut missverstehen könnte, dann werd' ich dem Bastard auf die moralische Tour mal mächtig einen reinpfeffern!


Sie war bei allem immer dermaßen gesundheitsbewusst, dass es sie ganz krank machte, wenn sie mal krank wurde.


Für immer mehr Menschen wird der Arbeitsplatz im Laufe des Lebens zum einzigen Anknüpfungspunkt für soziale Kontakte. Kein Wunder, dass immer mehr allein leben (wollen).

Sonntag, 3. Oktober 2021

 Plötzlich hielt er inne, lehnte sich zurück und schaute sich um. Schaute, als zöge er ein schleimig triefendes Haarbündel aus einem verstopften Abfluss. Seit tatsächlich 20 Jahren sitzt er jetzt also in diesem Büro.


Er ist in den späten 70ern mit der Punkkultur erwachsen geworden, mit der Umwertung aller Werte, und das hilft ihm bis heute. Nur so hält er es aus, dieses ganze Getöse um die jeweilige Korrektheit.


Irgendwie waren die Menschen schon immer bescheuert. Es gab mal eine Zeit, da haben sie Geld für Klingeltöne ausgegeben.


Hannes A. wird älter, der Gang langsamer, das Furzen unkontrollierter. Hannes steht aber über diesen Dingen, er besitzt Fröhlichkeit.


Er zog es durch, bis zum bitteren Ende. Sogar bei seiner betrieblichen Verabschiedung zum Renteneintritt sprach er mit den Kolleg:innen ausschließlich in wohlmeinenden Floskeln, die gar nicht wohlmeinend waren; sie waren gedankenlos und gleichgültig. Und er lächelte.


Seine karierten Arbeiterhemden hat sie immer gehasst. Sie wünschte sich einen Mann in feinen Hemden. Und wenn er sich ihr zuliebe mal herausputzte, dann machte es das für sie nur noch schlimmer.


Als er es dann endlich schaffte, mit der Trinkerei aufzuhören, hatte er plötzlich alle Zeit der Welt, mit der er alles Mögliche anfangen konnte. Er fing wieder an mit der Trinkerei.


Er lachte über seine Fehltritte, empfand keine Reue, keine Scham. Betrachtete er doch die ganze Menschheit incl. seiner Winzigkeit als einen kurzen Fehltritt der Evolution, einen Witz.


Seitdem er sich entschlossen hatte, die Wochenendsauferei hinter sich zu lassen, ging er gern am frühen Sonntagmorgen auf der Partymeile spazieren. Was er da sah und wie er sich dabei fühlte, frisch und ausgeruht, bestärkte ihn in seinem Entschluss.

Sonntag, 5. September 2021

 Seine Wortwahl war elitär, seine Gedanken gewöhnlich. Sein Erfolg nichts wert.


Hinter seinem endlosen Geschwafel verbarg er seine Disziplinlosigkeit, Faulheit und Inkonsequenz. Sich selbst beschrieb er als kommunikativ und spirituell, als einen "Suchenden". Seine Kumpels vorm Netto lachten ihn aus, mochten ihn aber auch irgendwie.


Beim morgendlichen Brötchenholen weicht Gerda W. mit ihrem Rollator wieder mal den Scherben und Erbrochenem der letzten Nacht aus. Der Stadtteil, in dem sie seit knapp 40 Jahren in ihrer 3-Zimmer-Whg. wohnt, sei jetzt "hip" geworden, hat man ihr erklärt.


Jetzt, wo das Unternehmenslogo auch noch groß auf dem Rücken gedruckt war, erkannten die Kund:innen ihn auch von hinten und quatschten ihn an. Er hatte noch 23 Jahre, 4 Monate und 17 Tage bis zur Rente und dem Unternehmen ging es gut.


Möhrenkauen, Bonbonzerknirschen, Tütengeraschel, das Hochziehen von Nasenrotz und was Menschen sich sonst noch so alles trotz Anwesenheit anderer Menschen nicht verkneifen können: Öffentliche Verkehrsmittel sind sinnvoll, haben aber ihre Schwächen.


Übersteigen die Zumutungen bei der Arbeit wieder mal das Maß des Erträglichen, stellt er sich vor, auf hoher See mit einbetonierten Füßen von einem Boot geworfen zu werden. So schätzt er sich glücklich, einfach nur ein- und ausatmen zu dürfen und dann atmet er ein und aus.


Sein stoisches Gemüt verlieh auch seinem Körper Widerstandskraft und Robustheit. Ihm war das gar nicht bewusst, über so was machte er sich keine Gedanken und sein Körper dankte es ihm.


Seine ewig missmutige und intrigante Nachbarin hat gerade Sex und durchs offene Fenster hört er, wie sie stöhnt und brüllt, und auch jetzt glaubt er ihr kein Wort.


Irgendwann bedeutete Biertrinken für ihn nur noch Stumpfsinn und Harndrang. Er musste sich was einfallen lassen.  - Wodka fiel ihm ein.


Mit den Worten "Der Morgenschiss, der kommt gewiss!" verließ sie hastig das gemeinsame Frühstück. Es hat mal eine Zeit gegeben, da gefiel ihm gerade diese unorthodoxe Unverblümtheit ihrer proletarischen Herkunft. Seine Eltern hatten ihn gewarnt.


Bernard Clemmens steht mit seinem Dauerfurz von 2 Minuten und 42 Sekunden im Guinness Buch der Rekorde. Ich stelle ihn mir als glücklichen Menschen vor, nicht wegen des Guinness Buchs, aber 2 Minuten und 42 Sekunden! Am Stück!


Mit Mitte 40 hatte er all seine Lebensziele erreicht und sie entpuppten sich als Sackgasse. Er wurde schwermütig und sein Schwiegervater riet ihm zu einem Hobby: Modellbau, das sei auch nicht so teuer.


Jetzt sitzt er neben seinem neuen Weber-Grill auf der Terrasse seiner Reihenhaushälfte, seine Frau macht in der Küche den Salat, die Tochter ist bei den Schwiegereltern und plötzlich wird ihm klar, dass er aus der ganzen Nummer hier wohl nie wieder rauskommen wird.


Damals hatte er sich Flammen auf beide Unterarme tätowieren lassen. Vielleicht um auszudrücken, dass er ein heißer Typ war. Und auch irgendwie rasant. So genau wusste er das aber auch nicht mehr.

Sonntag, 29. August 2021

 Schon der breitbeinige Gang verriet seine schmalspurige Gedankenwelt, der üppige Goldschmuck seine Armut.


Der junge Mann brüllt jetzt zum fünften Mal "EY, WILLST DU MICH VERARSCHEN?" ins Telefon, so dass inzwischen allen anwesenden Cafébesuchern klar sein dürfte, dass er kein Mann ist, den man leicht zum Narren halten kann.


Die überdachte Raucherecke mit dem Sperrmülltisch und den Plastikstühlen ist für ihn der schönste und bequemste Platz der ganzen Firma; sein neuer ergonomischer HighTech-Stuhl im Büro ist ein affiger Scheiß dagegen.


Und als dann Betroffenheitsbekundungen aller Art sich im Smalltalk mehr und mehr etablierten, ja, Betroffenheit ein Must-have für alle Gelegenheiten wurde, war Sören N. endlich in seinem Element, endlich stand er bei den Partys nicht mehr im Abseits.


Auch für einen Job mit Warnweste ist er sich nicht zu schade. Selbstverständlich nur, wenn sie jedes Mal fabrikneu und die Krawatte darunter auf den Pressefotos klar zu erkennen ist.


Erst wurde ihre Anwesenheit selbstverständlich, dann lästig und er gab sich keine Mühe mehr, ließ beim Scheißen die Klotür offen. Sie empfand und verhielt sich im Grunde genauso. War Besuch da, rissen sie sich zusammen, ihre Kinder waren jetzt 8 und 11.


Sein Vater hatte immer leidenschaftlich gern gekegelt und auch Bernd 'Börni' N. begeisterte sich für Sport, wenn da 'ne Kneipe drum herum gebaut war; 'ne ganze Zeit lang war er im Kiez 'ne ziemlich große Nummer am Tischkicker.


Das Wort Liebe kam ihm allzu leichtfertig von den Lippen und auch sonst machte er einen recht schmierlappigen Eindruck.


Betrunken hat er wüste Gedanken, nüchtern helfen die ihm auch nicht weiter, dennoch hat er sie gern, seine wüsten Gedanken.

Mittwoch, 18. August 2021

 Überfordert, gescheitert und frustriert kaufte er sich ein Samuraischwert, platzierte es an der Wand über dem Ecksofa und träumte von Kampf, Ehre und Barbarei.


In meiner Kindheit war der Sonntag der Familienausflugstag, in meiner Sturm und Drang Phase der Ausnüchterungstag und jetzt ist er der "Was ist nur aus mir geworden?"-Tag.


Der gänzlich unbemalte und unbeschriftete junge Mann am Pool fiel ihr gleich ins Auge. Tätowiert war inzwischen ja Hinz und Kunz.


Seine Bürokollegin und Vorgesetzte ist nach eigener Aussage eine dauergestresste Stress-Esserin. Sie hat immer eine Nussmischung und knackiges Obst griffbereit. Manchmal schlürft sie auch einen Pfirsich.


Und gestern hat er die noch bis zu seiner Rente vor ihm liegenden Arbeitsstunden ausgerechnet, auf der Firmentoilette sitzend, ohne Taschenrechner, mit leergeräumtem Blick.


Und jeden Morgen ein kurzer Blick auf bild.de, um zu wissen, was die Leute heute aufregen wird. Man will sich ja schließlich mitaufregen können und nicht dumm dastehen.


Aus schierer Geilheit ließ er sich auf diese geil aussehende Perle ein, die sich dann als gar nicht so geil entpuppte und der Alltag mit ihr war auch nicht so geil. Aber seine Kumpelz dachten, sie sei geil und das fand er wiederum total gut.


Als es dann endlich wirklich alle verinnerlicht hatten, grundsätzlich auf unverfängliche Floskeln auszuweichen, wurde es etwas langweilig. So stürzte man sich dann auf das vielversprechende Feld der politisch korrekten nonverbalen Kommunikation.

Dienstag, 10. August 2021

 Und wie es dann kam, dass auch er Tag für Tag brav zur Arbeit ging und sich dabei seine Jugendfreuden und -träume klammheimlich in Luft auflösten, war das auch wieder nur das Normalste der Welt.


Und wie ihm dann nach dem Jobwechsel klar wurde, dass sein vermeintlicher Jobfrust vielmehr ein Privatfrust war, entschloss er sich, sich damit abzufinden ein Frustrierter zu sein und das zauberte ihm endlich mal wieder ein Schmunzeln ins Gesicht.


Es war wieder mal die Hölle und die für die ganze Familie extra angeschaffte Urlaubsgarderobe, die Entspanntheit und Vergnügen signalisieren sollte, riss es erst recht nicht raus.


Touristen schlendern durch die Fußgängerzone einer ihnen fremden Stadt und genießen so das beruhigende Gefühl von Vertrautheit.


Ja, wenn das so ist, dann mach ich mir doch jetzt ein Bier auf und lass es erstmal auf mich wirken  -  also, das Bier.


Adrian O. war missionarisch unterwegs, für eine wirklich echt gute Sache. Aber das machte es auch nicht besser.


Reichtum fand er in seiner Bedürfnisarmut; er hatte immer mehr, als er brauchte.


Er war ein Mann klarer Prinzipien und großer moralischer Werte.  -  Und er schaute liebend gern Hollywoodfilme, da erkannte er sich regelmäßig wieder.


"So, dem hab ich jetzt ordentlich die Meinung gesagt", hat er glücklicherweise noch nie denken müssen. Ein Mensch, der so denkt, ist er nicht und das macht ihn glücklich.

Montag, 2. August 2021

 Tja, ein Leben voller Arschlöcher, resümiert der berufsmüde Proktologe Hans-Günther W. beim dritten Feierabendbier.


Mit dem Trinken aufhören, bevor es hässlich wird - wie mit allem anderen auch.


Sie hatte damals große Pläne und die beinhalteten mich nun mal nicht. Ich war ihr nicht böse, ich hatte gar keine Pläne und daraus ergab sich dann so vieles für mich.


Er konnte keine Beziehung zu einer Gruppe aufbauen, noch nie. Da stand er immer am Rand oder außen vor. Nur einzelne Menschen waren ihm genehm, das funktionierte und gefiel ihm und so behielt er es bei.


Trotz eines völlig entgegengesetzten Lebensentwurfs musste er einfach die gleichen Fehler wie sein Vater machen. Es war die Macht des Schicksals, der Gene oder was auch immer und sie hatte ihn an den Eiern, die ganze Zeit.


Seine bisweilen schon zur Trägheit neigende Besonnenheit bescherte ihm ein langes Leben. Seine 72 Lebensjahre hatten sich für ihn mindestens wie 100 angefühlt.


Meistens hab' ich aber schon was Besseres vor - (in aller Regel nichts).

Sonntag, 1. August 2021

 Der größte Genuss des ersten Schlucks eiskalten Biers nach einem harten, undankbaren Tag liegt in der Gewissheit der gleich einsetzenden Wirkung.


Hinter einem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau und er kriegt es hin, obwohl sie ihm dabei über die Schulter schaut.


Jede einzelne Minute seiner Dienstzeit, die er für private Dinge nutzte, verbuchte er als kleinen Sieg; wohl wissend, dass er nur der Verlierer war.


Allein die Eitelkeit trieb ihn an, in allem. Und der durch und durch verdorbene Zeitgeist öffnete ihm Tür und Tor.


Er besaß keinen Ehrgeiz und dies hatte ihn vor manch großem Ungemach bewahrt. Mochten ihn die anderen ruhig faul oder gar feige rufen, er wusste es besser.


Sogar das verkaterte Aufwachen und Aufstehen wird in populären Filmen immer wieder humoristisch dargestellt. Menschliche Schadenfreude macht wirklich vor gar nichts halt!


Pensionierte Lehrer:innen fühlen sich zu Kulturschaffenden berufen und auf kommunaler Ebene kennt und beklatscht man sich. Es geht ihnen gut.

 Als Kind wollte er in zuckrigen Jahrmarktsbuden wohnen; später dann in einer vergessenen rostigen Geisterbahn.


In allem stets das gesunde Mittelmaß zu finden, ist weise; und Weisheit was für müde alte Leute.


War es warm, wünschte er sich Kälte und war es kalt, wünschte er sich Wärme und wenn die Sonne schien, schaute er nach Wolken. So einer war der Hartmanns Georg und er kam hier mit allen immer super zurecht, obwohl er nur ein Zugezogener war.


Sich auf eine Frau einzulassen, deren Äußeres ihn in irgendeiner Weise abschreckte, war ihm von vornherein unmöglich. Was das Innere betraf, war er weitaus weniger intolerant. So begann seine Ehehölle.


Dass er sich mit seinem Job, also einer fremdbestimmten Arbeit, noch am ehesten selbst verwirklicht sah, beschämte ihn.


Wissen Sie, eine Fliege, die auf ihren Flügeln liegt, fliegt nicht mehr, sagt der Unternehmensberater André T. gern im vertraulichen Gespräch nach einer Firmenbesichtigung. Auf diesen Satz ist er besonders stolz.


Unfreundlich auftretende Menschen empören und beschweren sich über Unfreundlichkeit.

Samstag, 24. Juli 2021

 Damals in den Absturzkneipen gab es immer den einen, etwas gepflegteren Alkoholiker, der, mit einem dubiosen Presseausweis ausgestattet, gegenüber den anderen Besoffenen gern vage Andeutungen machte über diese eine große Sache, an der er gerade dran war. Den Ausweis hab' ich heute noch.


Als Kind habe ich viel mit einer "Big Jim"-Actionfigur gespielt. Ich weiß noch, wenn man ihm den Bizeps anspannte, sprengte er eine silberne Oberarm-Manschette. Kein Wunder, dass ich später so lange keinen normalen, bürgerlichen Beruf erlernen wollte.


Sein Leben war nicht aufregend oder erfolgreich, in keinster Weise besonders. Eher langweilig. Aber es war seins. Niemals hatte er sich groß reinreden oder drängen lassen und darauf kam es ihm an.


Und als er dann endlich über die finanziellen Mittel verfügte, sich all seine Jungen-Männer-Wünsche zu verwirklichen, konnte er sich endlich selbst von deren Lächerlichkeit überzeugen.


Mit seinen Geschichten schmeichelte er sich selber. Und auch die Geschichten an sich waren vulgär.


Es stimmt: Seine vermeintliche Arroganz ist lediglich eine unbeholfene Schüchternheit. Genauso stimmt, dass er mit den meisten Menschen aber tatsächlich nichts zu tun haben will.


Für das Leben anderer Leute war er einfach zu müde und seine Frau mit ihrer Tratschsucht machte ihn irre. Am liebsten trank er sein eiskaltes Feierabendbier, allein, ganz bei sich.


Und die getrennten Schlafzimmer waren dann der Anfang vom Ende ihrer Zerstrittenheit.


Männliche Schwatzhaftigkeit ist relativ selten anzutreffen und wenn, dann beruht sie nie auf Gegenseitigkeit.

Montag, 5. Juli 2021

 Wer lügt, braucht ein gutes Gedächtnis. Wer wirklich stets die Wahrheit sagt, einen Psychiater.


Berufsmüde verrichtete er seine Arbeit und auch seine Freizeit gab immer weniger her. Er konnte damit leben, er machte sich selbst nichts mehr vor.


Mit der Romantik war er sowieso schnell durch; ein Hirngespinst, das Augen und Verstand vernebelte. Er blieb bei der Realität, sie machte ihn wütend, gab ihm Energie.


Als Kind ist Jens N. in den Sommerferien oft in Italien an der Adriaküste über brennend heißen Sand gelaufen. Als Erwachsener wollte er da nie wieder hin.


Als Kinder mussten wir in den 70ern noch Sonntagsausflüge überstehen. In einer Sonntagsgarderobe, von der Sie sich selbst in Ihren schrillsten Träumen keine Vorstellung machen können! Viele von uns trugen dann in den 80ern nur noch Schwarz.


Was möchten Sie mal erzählen können, wenn Sie dann erschöpft auf dem Sterbebett liegen?
- Ich habe mal gelesen, dass ...
oder
- Ich habe mal erlebt, wie ...


Die Erwachsenen wurden immer jugendlicher und die Jugendlichen immer kindischer. Norman M. allerdings hatte sich bereits mit 16 Jahren für den Beruf des Verwaltungsfachangestellten entschieden und blieb dabei. Und das Leben behandelte ihn gut.


Die Fachanwendung wird immer besser, nimmt ihm immer mehr Arbeit ab, er weiß kaum noch seinen Achtstundentag zu füllen. Er ist jetzt so lange dabei, da lassen sie ihm für die paar Jahre noch seine Stelle. Er dürfe sich glücklich schätzen, sagen sie ihm.


"Wenn dich was (deine Frau) wütend macht, dann tobe dich am besten woanders aus: Holz hacken oder Rasen mähen oder Hofeinfahrt kärchern." So entstand der 'Homo labora animalis', das menschliche Arbeitstier.


Liegen bleiben, bei sich bleiben und alles andere schön bleiben lassen. So geht das!


"Love and Peace and Harmony!" - Klar, alle sind dafür und dann klopft wieder ein Charles Manson an die Tür.


Trotz Fliegengitter hat sich eine Fliege in seiner Wohnung eingefunden und fliegt munter umher und Herr H. sitzt mit seinem Bier auf dem Sofa und fühlt sich eher unterhalten als belästigt. Aber noch mehr Leben in der Bude bräuchte er nicht.


Im Fernsehen schaue ich mir bewusst nur noch Sachen an, die mich nicht im geringsten interessieren, und dabei streiche ich mir von Zeit zu Zeit selbstverliebt durchs wellige Haar, schön langsam und intensiv über die Kopfhaut.


Dem Leben mit Witz begegnen, ansonsten isses ja witzlos.


"Mittels Strategie- und Positionierungsentwicklung legen wir Energiefelder in Ihrem Unternehmen frei und steigern Ihre Wertschöpfung", verspricht der Unternehmensberater auf seiner Website und Agenturfotos von seriös grinsenden Menschen in Businessgarderobe illustrieren das.


Den Scheiß einfach auch mal liegen lassen; und sieh an, auch die Aufregung legt sich.


Und wieder mal schlugen sie sich gegenseitig ihren pauschalisierenden Dünnpfiff um die Ohren, getrieben von hässlicher Wut, Dummheit oder was auch immer. Da konnte man sich doch nur raushalten.

Sonntag, 27. Juni 2021

 Überall, wo man, um bestehen und erfolgreich sein zu können, gut vernetzt sein musste, war er chancenlos, also nahm er mit dem vorlieb, was übrig blieb und so durfte er ein entspannt beständiges Leben führen: sein Leben.


Rainer R. besaß die bemerkenswerte Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit und ohne groß nachdenken zu müssen sich über alles und jeden eine schlechte Meinung zu bilden. Ansonsten war aber nicht viel mit ihm los.


Als junger Mann lachte er, wenn ihm eigentlich zum Heulen zumute war. Und das macht er heute noch. Das Wort "Resilienz" hat er noch nie gehört.


Seit jetzt 14 Jahren sitzt er mit ihr in einem Büro und ist immer noch darüber entsetzt, wie sie es innerhalb weniger Sekunden schafft, je nach Gesprächspartner von 'gereizt aggressiv' auf 'freundlich keck' umzuschalten. Frauen sind Monster und er ist Langzeitsingle.


Als der lediglich angelernte Angestellte Uwe L. wegen der rasanten Firmenexpansion schon nach kurzer Zeit zum Büroleiter ernannt wurde, kaufte er sich aus Jux einen "Ich Chef, Du Nix!"-Kaffeebecher. Für einen guten Kaffeebecher-Humor braucht es immer einen ernsten Hintergrund.


Wie er dann mitbekam, dass so eine Kirmeskapelle auf dem Stadtfest auch Punk- und Rocknummern im Repertoire hatte, die ihm wirklich noch was bedeuteten, war er beleidigt und ging nie wieder auf ein Stadtfest.


Den Ratschlag "Lass los! Du musst loslassen, einfach loslassen." hat er schon immer gehasst, nicht erst jetzt, wo er wegen seiner Verstopfung die Toilette blockiert.


Wer ist am bissigsten empört? Wer am originellsten? - Los, alle machen mit! Seien Sie kein Spielverderber, seien auch Sie dabei und machen auch Sie auf sich aufmerksam!


Im Einkaufscenter sieht er diese alten Leute
in ihren abstrusen Hosen und schrillen Blusen,
wie sie auf ihren Rollatoren
plappernd und nickend beisammen sitzen
und
was das Alter ihm mal bringt,
will er zweifelsohne gar nicht wissen.

Sonntag, 20. Juni 2021

 Ab und an musste er bei seinen Vorgesetzten mal Interesse an der Arbeit heucheln und so redete er eben mit ihnen über irgendeine berufliche Lächerlichkeit. So etwas gehört nun mal dazu, zur Arbeit.


Bestseller-Schund, pflegt er zu sagen, die Leute lesen nur noch Bestseller-Schund. Kafka, Goethe, Dostojewski - die Klassiker, das waren noch Bücher! Er selbst liest weder das eine noch das andere, hört sich aber selbst gern reden.


Elena A. ist ungeduldig, aber in erster Linie fällt sie anderen ins Wort, um ihre Dominanz auszudrücken. Es ist ihr manchmal fast unangenehm, aber sie will sich auch nicht selbst verleugnen, ja, ganz ehrlich, sie ist nun mal was Besseres.


Das Lästern überlässt er lieber denen, die, aus welchen Gründen auch immer, sehr ambitioniert darin sind. Sich letztlich selbst ans Bein zu pinkeln, ist einfach nicht so seins.


Früher bestand das Leben aus Arbeit, heute nur noch aus Geschwätz, ja, die Arbeit selbst: nur noch Geschwätz! Ist doch kein Wunder, dass die Leute nach und nach alle kirre werden.


Er musste noch zur Bundeswehr und hatte es gehasst. Jetzt ertappt er sich bei dem Gedanken, dass es vielen jungen Männern gut tun würde, wenn sie so was mal erleben und dabei was lernen müssten, und sei es nur, ein Hemd auf DIN A4-Größe zurecht zu legen.


Er ist lieb und 'n bisschen pummelig, seine Adidashosen und der Sportwagen reißen das aber wieder raus.


Etwa im gleichen Maße, wie es ihn in seiner Jugend zur "Action" drängte, drängt es ihn nun, eben diese zu vermeiden.


Schon sehr früh, schon bei den ersten Saufgelagen spürte er, dass der Alkohol alles andere in den Schatten stellt. Und genau so verhielt es sich fortan in seinem Leben.


Er leidet unter chronischem Fußpilz, und dass er dennoch darauf besteht, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt, das sind jetzt aber eindeutig zwei Paar Schuhe.


Die Freude der Frauen an ihren luftigen Sommerkleidern stimmt mich milde und glücklich, jeden Sommer wieder.


Sein Leben lang hat er Bücher verehrt und ihnen vertraut und letztlich haben auch sie ihn im Stich gelassen. Hätte er sich doch nur seine eigenen Gedanken gemacht, sich seine eigene Geschichte erschaffen.

Montag, 7. Juni 2021

 Der Suff, die Partys und die Vögelei und das ganze Theater drumherum waren irgendwann keine große Sache mehr und das ratlose, entspannte Rumsitzen gewann an Relevanz.


Das Leben bewegungsarm, das Gemüt gefühlsarm, das Gesicht ausdrucksarm. Er war kein Philosoph, er war der Hartmut M. und wurde 78 Jahre alt.


Manchmal wünscht er es sich so sehr: einfach mal einstimmen in das gesellige Gelächter. Aber er schafft es nicht, bringt es einfach nicht über sich, sich selbst so zu verleugnen.


Sophia A. wuchs behütet auf, ging immer gern zur Schule und nach dem Abitur hat sie ihre Lieblingsfächer auf Lehramt studiert und jetzt freut sie sich, direkt wieder in die Schule zurückzukehren, um mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen Kinder aufs Leben vorzubereiten.


Also früher, da haben die Leute ja auch noch viel mehr gelesen. Zum Beispiel morgens die BILD, damit man dann auf Arbeit was hatte, worüber man sich aufregen und mit den Kollegen einer Meinung sein konnte. Da herrschte noch Zusammenhalt und noch nicht diese zänkische Diversität.


Das Lottoschild an seinem Stammkiosk lässt ihn in Illusionen schwelgen: 11 Millionen! Statt eines Lottoscheins kauft er sich aber lieber noch 'ne Dose Bier und schwelgt damit weiter in seinen Illusionen.


Der alte Mann, der immer das Gleiche erzählt, weil er niemanden mehr hat, mit dem er mal was Neues erlebt: Er merkt es ja selbst, aber was will er denn machen? Phantasie hat er noch nie besessen, in seinem Leben war kein Platz für Phantasie.


Tatsächlich liegt es ihm fern, witzig sein zu wollen. Oft ist er es einfach. Er ist ein humorvoller Mensch, kein Witzbold.


Menschen, die nicht gleich beleidigt und auch nicht ewig nachtragend sind: nur schwer vorstellbar für Menschen, die gleich beleidigt und ewig nachtragend sind.

Mittwoch, 2. Juni 2021

 Sein Leben befand sich in einer Sackgasse, zu lange schon. Resigniert richtete er sich ein und jetzt sitzt er auf seinem Roomscape-Ecksofa in Eierschalenweiß und starrt seinen Wohnzimmerwandschrank, Modell "Prestige", an - Nun ist er also angekommen, im Leben.


Bei der Arbeit war er im Wesentlichen der Langeweile und Unsinnigkeit ausgesetzt. Er hatte genug Erfahrung, um zu wissen, dass es Schlimmeres gibt.


Jeden Morgen so gegen halb 6 erwacht das Mietshaus um ihn herum mit Türenschlagen, Radiogedudel, Getrampel, Gepolter und trockenem Gehuste. Es stimmt ihn ein auf die Unruhe in der Werkshalle, die ihn gleich erwartet, und er weiß, er hat keine Wahl.


Als er dann mitbekam, dass es nicht an ihm lag, dass die Kollegin einfach nur ein unhöflicher und von Grund auf feindseliger Mensch war, war er erleichtert, musste er ihr fortan doch keine freundliche Aufmerksamkeit mehr vorspielen.


Er saß mit einem Bier auf der Parkbank und schaute ihnen zu. Ein attraktives Pärchen, sympathisch, etwa in seinem Alter. Sie warfen sich gegenseitig ein Frisbee zu und lachten. Sie gehörten zu einer Welt, die er nicht verstand.


Er hat genug von diesen Rührseligkeiten. Das Leben ist nicht so; sein Leben ist nicht so, niemals. Diese konstruierten Rührseligkeiten verhöhnen doch die Menschen, nach Strich und Faden verhöhnen sie sie!


Alt-Hippies, Alt-Punks und Alt-Raver in sanierten Altbauten, während nun des Nachts in den Straßen umher der "Pöbel" tanzt.

Sonntag, 30. Mai 2021

 Auf dem Weg zu seinem verhassten Bürojob kommt er an einem verdreckten, in die Jahre gekommenen Pick-up vorbei. Drei Arbeiter sitzen drin und kauen dicht an dicht ihre Frühstücksbrote. Er lässt es auf sich wirken, hasst seinen Bürojob aber immer noch.


Seinen erneuten cholerischen Anfall rechtfertigte er am nächsten Tag gegenüber seinen Angestellten mit seinem "lebhaften Temperament". Wieder in seinem Büro war er dann gerührt von sich selbst, von seiner Stärke, auch mal Schwäche zeigen zu können.


Er schätzt seine Kolleg*innen. Ihre bisweilen kleinlichen Empfindlichkeiten, die sich im täglichen Einerlei schon mal zu monströsen Problemen aufschwingen, faszinieren und beschäftigen ihn.


Manchmal erinnert er sich nach Jahren plötzlich an Bekanntschaften aus seinem Berufsleben, die irgendwann einfach so nicht mehr da waren und die er nie vermisst hatte. Und dann vergisst er sie auch schon wieder.


Wenn er sich aufregt, fragt er sich immer, warum er sich jetzt eigentlich wirklich aufregt. Die Einsichten sind in der Regel wenig schmeichelhaft und so überlegt er es sich inzwischen dreimal, ob er sich jetzt wirklich aufregen soll.


Sein aggressiv großspuriges Auftreten verriet seine Mickrigkeit. Aber er merkte es nicht und niemand erklärte es ihm.


Statt eines Katers spürten wir damals die aphrodisierende Wirkung des Restalkohols und blieben dann den ganzen Tag im Bett. Wie glücklich wir waren, ohne es zu wissen.


Er hat genug von diesen Rührseligkeiten. Das Leben ist nicht so; sein Leben ist nicht so, niemals. Diese konstruierten Rührseligkeiten verhöhnen doch die Menschen, nach Strich und Faden verhöhnen sie sie!

Dienstag, 25. Mai 2021

 Gelernt, der Euphorie zu misstrauen,
genießt er sie, ohne auf sie zu bauen.


Der Zeitgeist, egal wie beschaffen, ging ihm schon immer schnell auf den Senkel und mit den Jahren wird es nicht besser, kommt der doch immer aufdringlicher und rücksichtsloser daher.


Seine Disziplin war die Disziplin hinsichtlich der Erwartungen anderer, im Verborgenen ließ er sich gehen. Immerhin, dem Arbeitgeber genügte das.


Und schon gar nicht hat er eine hohe Meinung von sich selbst, so töricht ist er nicht; damals als Kind vielleicht, als dummer Junge.

Sonntag, 16. Mai 2021

 Wegen des Geruchs fanden sie ihn; auf dem Sofa, mit heruntergelassenen Hosen. Er trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck "LEGENDS DON'T DIE IN BED".


Er gießt sich noch einen ein und ignoriert ihre missbilligenden Blicke, betrachtet seine geschwollenen Hände. Der Ehering schnürt immer mehr ein, nicht nur den Finger.


Er gießt sich noch einen ein und fühlt sich jetzt langsam besser. Die Zeit vergeht jetzt, ohne dass er sie spürt.


Der Alkohol ist ihm schon lange ein falscher Lichtblick, verspricht die Geborgenheit der Kindheit und die Euphorie der Jugend und entwertet dabei den normalen, nüchternen Alltag. - Er gießt sich noch einen ein.


Nie war es ihm bei seiner Berufswahl in den Sinn gekommen, dass er es zunehmend mit ausgewachsenen Menschen zu tun bekommen sollte, die sich aufführen wie Kleinkinder, denen man eine Süßigkeit verwehrt.


Der Drang sich immer und überall vorzudrängeln war stark in ihm. Zu kurz gekommen in vielerlei Hinsicht er war.


Bei jeder Kleinigkeit keifte sie gleich los. Er wusste nie, was sie eigentlich für ein Problem hatte, war aber stets dankbar, dass es nicht seins war.


Von provinzieller Gelassenheit keine Spur, aus allem machten sie einen Zwang und wenn sie sagten vernünftig, meinten sie konformistisch.


Bierbäuchige Tennisspieler mit dürren Beinen in kurzen Hosen imitierten auf dem Vereinsplatz die Aufschlagposen der Stars und machten bei Satzgewinn die Beckerfaust.


Die Unzufriedenheit ist schnell groß, wenn alles zur Zufriedenheit gereicht.

Sonntag, 2. Mai 2021

 Immer, wenn Herr S. mal zweifelsohne Recht behält, fühlt er sich deswegen auch nicht besser. Das Triumphieren ist ihm fremd, er stellt es sich beschämend vor.


Irgendwann hörte er seiner Finanzberaterin gar nicht mehr zu. Er war damit beschäftigt sich auszumalen, was sie wohl alles Tag für Tag mit ihrer schmierigen Freundlichkeit so zuschmieren musste.


Schön, wenn man es nicht nur sagt, sondern auch konkret spürt, dass es einem einerlei ist.


Da besteht gar kein Zweifel, ohne den OHROPAX®-Akustikfrieden hätte es so manches Mal ein böses, ein ernsthaft böses Ende genommen.


Immer dann, wenn er sich für besonders geistreich hielt, war er es gerade nicht. Aber diese ernüchternde Einsicht beeinträchtigte keinesfalls sein liebevoll zugewandtes Verhältnis gegenüber den geistreichen Getränken.


Berufsbedingt nahm er es höchst genau mit Begrifflichkeiten, aber vielleicht hätte es seiner Ehe gut getan, wenn er den Begriff Liebe häufiger und leichtfertiger, ja, sagen wir es ruhig, skrupelloser verwendet hätte.


Nein, er hatte keine Angst vor obszönen Frauen, war nicht mal neugierig, sie waren ihm einfach nur zuwider, genau wie obszöne Männer.


Seine in ihrer Gegenwart rücksichtslos rausgeföhnten Zwiebelsuppenfürze waren nur ein Grund, warum sie jetzt nackt auf seinem Grab tanzte, die anderen Gründe waren eher abnormer Natur.


Sein Leben lang waren all seine Wohnungen nur Provisorien. Nur so hielt er es aus.

Sonntag, 25. April 2021

 Und diese ganze, zur Widerwärtigkeit verkommene Sauferei war dann auch nur noch das von vornherein vergebliche Bemühen, die alten Freuden wieder und wieder und wieder aufzuwärmen.


Mit Anfang 30 richtet man sich nun mal langsam anders ein, aber er hatte Vorgaben, schließlich wohnte er noch bei seinen Eltern und seine Heavy-Metal-Accessoires gefielen ihnen schon mal gar nicht und die Walfischmustertapete blieb auf jeden Fall, die war teuer.


Und als sie dann Ironie und Sarkasmus endgültig zum Teufel gejagt hatten, wurde endlich alles gut.


Die Hölle, das sind die anderen. - Vor allem die, die um dich herum wohnen.


Und in all den Jahren, die sie rückblickend als die besten ihrer Ehe betrachteten, lag stets der aktuelle Ikea-Katalog griffbereit in der Couchtischschublade.


Der Körper will immer dahin zurück, wo er die meisten Fettreserven hatte, und der Geist, wo er am glückseligsten war. In aller Regel geht das mächtig schief.


Und all die Jahre haben sie sich verführen und anschmieren lassen und sich all dieses Gerümpel angeschafft und jetzt steht es da und verhöhnt ihre Sehnsüchte.


Und irgendwann ist deine Zukunft nur noch dein Restleben.

Montag, 19. April 2021

 Ein "Tja, so ist das nun mal" als Erklärung zu erhalten, reicht ihm immer häufiger völlig aus, denn er sieht es immer häufiger genauso.


Das Empfinden von Vorfreude ist immer eine Jetzt-Freude. Allein dafür lohnt es sich zu träumen.


Und dann kam sie immer wieder rausgekrochen, die Natur. Und als Kind durfte ich sie wieder und wieder abmähen und abschneiden und auflesen und wegfegen und entsorgen. Ich träumte von einen zubetonierten Garten, zum Hohn grün angemalt und mit Pril-Aufklebern dekoriert.


Je älter er wurde, desto häufiger hat er bei ärgerlichen Gesprächen einfach nur abgewunken und ist davon gestiefelt. Das ist diese Altersweisheit.


Vom Dreck kommen wir, zu Dreck werden wir und dazwischen sind wir ein Drecksack.


Sein Leben verlief öde und ohne Bedeutung, bis es irgendwann gänzlich zur Bequemlichkeit gerann. Aber er wusste, es gibt schlimmeres, viel schlimmeres.


Er hat getrunken und rumgesessen, viel getrunken und aus vollster Überzeugung so richtig rumgesessen. Und dann hat er was gegessen, so richtig vollgestopft hat er sich. Das hätte er natürlich auch alles nüchtern haben können, aber betrunken war's doch um einiges besser gewesen.


Trotz Gesundheit und Wohlstand wurden ihre Gesichter hart und bitter. Und es war ansteckend.


Als er mit den jüngeren Kollegen im Pausenraum saß und wieder mal keinen blassen Schimmer hatte, über was sie da so lebhaft sprachen und lachten, überkam ihn plötzlich ein Gefühl behaglicher Selbstzufriedenheit.

Montag, 5. April 2021

 Ihr entsetzlicher Musikgeschmack ließ aber Rückschlüsse auf ihren verkorksten Emotionshaushalt zu. Und genauso war es dann auch.


Und Gulasch assoziiere er übrigens mit Gülle und Arsch, tönte er beim feierlichen Abendbuffet über die Tische hinweg, um seinen unschlagbaren Humor und Wortwitz wieder mal beeindruckend unter Beweis zu stellen.


Geil und selbstverliebt auf der Überholspur des Lebens unterwegs hat er die läppische Frage, wohin sie überhaupt führt, längst übern Haufen gefahren und platt gemacht.


Das Schwelgen in der Vergangenheit erschien ihm schon immer billig und verlogen, war ihm verdächtig, geradezu zuwider, aber was blieb ihm inzwischen noch groß anderes übrig?


Aus den Deutschen wurden Weicheier, als sie irgendwann anfingen, sich über Matratzen Gedanken zu machen.


"Ich fick dich!" im Sinne von "Ich erniedrige dich!" zu äußern, zeugt allerdings von einem, wenn überhaupt, eher kümmerlich ausgeübten Sexualleben.


Selbst als professionelle Wahrsagerin auf der Dorfkirmes nahm sie es mit der Wahrheit nicht so genau.


Nicht als es ihm wegen eines Katers besonders schlecht ging, hatte er erfolgreich beschlossen, mit dem Alkohol endgültig aufzuhören, sondern als es ihm ohne Alkohol besonders gut ging.


Zeitlebens wusste er eigentlich immer nur, was er nicht wollte und das war dann sein Leben.

Sonntag, 28. März 2021

 Die Kluft zwischen dem, was sie sagte und dem, was sie tat, ließ sich irgendwann auch nicht mehr mit Wohlwollen und Nachsicht überbrücken und so reduzierte er sein Interesse an ihr wieder nur aufs rein Körperliche.


Als Rentner sitze ich dann morgens um 10 in so einem Bäckerei-Café, schlürfe Kaffee und schlage ostentativ die BILD auf. Ab und an schüttel ich konsterniert den Kopf und brabbel irgendwas vor mich hin. Das wird ein Spaß!


Mit der Erwartungshaltung eines 20jährigen ins Wochenende starten, um dann innerhalb weniger Stunden um 40 Jahre zu altern.


Und mit einmal merkst du, dass beim Zähneputzen überm Waschbecken gebeugt was wackelt an deinem Torso und dir wird klar, jetzt bist du also fett, weil du bist ja keine Frau.


Er schmückt sich gern mit einem beißkräftigen Hund an seiner Seite, da es ihm selbst an entscheidender Stelle ganz erheblich an Biss fehlt. Aber in dem Milieu, in dem er sich bewegt, fällt das nicht weiter auf.


Die Erwartungshaltung hat ihn oft enttäuscht und ihm im Grunde immer nur Probleme bereitet. Er probiert es jetzt mal mit der Entspannungshaltung.


So dermaßen krass wie er drauf war, so krass zeigte er dem Leben den Mittelfinger, aber das Leben zeigte sich sichtlich unbeeindruckt und ließ ihn mal machen.


Sehr von sich überzeugt sprach er immer davon, sich unter allen Umständen treu zu bleiben und sich niemals verbiegen zu lassen, und tatsächlich schaffte er es in all den Jahren sich nicht weiterzuentwickeln.


Seine erste richtige Beziehung hatte er wegen einer grell geschminkten Tresenschlampe kaputt gemacht. Und dann ging das mit dem Kaputtmachen munter weiter, denn er war jung und arrogant und so ein Trümmerfeld ein Heidenspaß.


Was war ich mit Anfang 20 für ein Dummkopf! - Und was konnte ich glücklich sein!


Im säuerlichen Mief seiner Wochenendverwahrlosung pendelt er zwischen Sofa und Bett, zwischen Kater und Suff. Montagmorgen ist er dann wieder geduscht, frisiert und pünktlich und die Büroleiterin fragt formell, ob er denn ein schönes Wochenende gehabt hat.


Solange nur niemand an seine Tür klopfte, war er mit sich und der Welt im Reinen.


Mit Ende 20 doch noch den bürgerlichen Weg einschlagen oder nicht - das war dann die Frage. Das wütende Geschick erdulden oder lieber weiter schlafen?

Montag, 15. März 2021

 Als er dann endlich fertig war und nichts mehr zu tun hatte und so auf dem Sofa saß, ohne etwas zu tun zu haben und ihm auch nichts einfiel, was er hätte tun können und sich gerade eine wohlige Zufriedenheit in ihm breit machte, hörte er auch schon ihre energischen Schritte.


Als dann allerorten der Spaß ausgerufen wurde, alles spaßig sein musste, auch das Lernen, vor allem das Lernen, und natürlich auch die Arbeit, als all das jetzt gehörig Spaß machen musste, ja, da musste einem ja der Spaß vergehen.


Als junger Mann saß ich öfters mitten in der Nacht betrunken in Küchen mir völlig fremder Wohnungen und habe da getrunken, manchmal sogar allein. Es war irritierend, aber es war mir egal, solange es da was zu trinken gab.


Inzwischen macht er sich mit dem Bild von ihr, das er in seinem Portemonnaie trägt und bei jeder Gelegenheit herzeigt, vor allem nur noch selbst was vor.


Natürlich waren Onkel Bernhards Geschichten maßlos übertrieben oder ganz erfunden, aber ihn als Hochstapler oder Lügner zu bezeichnen, wird ihm nicht gerecht. Er wollte unterhalten und nicht überzeugen.


Es fiel ihm nun mal nicht leicht, einen anderen Menschen in sein Leben zu lassen. Was hat man denn schon groß außer seinem Leben?


Dumm war er. Und lauthalsig. Und die Lauthalsigkeit verlieh der Dummheit noch Nachdruck und umgekehrt. So polterte er durch ihr Leben und sie waren eingeschüchtert und machtlos.

Sonntag, 7. März 2021

 Je ernster es einem mit seinem Rumgemecker ist, desto alberner wird's.


Oh, der frühe Vogel hat sich Würmer eingefangen.


Als er dann die Erfahrung machen musste, dass Frauen genauso dumm und aggressiv wie Männer sein können und er sich vor ihnen genauso in Acht nehmen sollte, war die Gleichberechtigung wieder mal ein Stück weit mehr in seinem Kopf angekommen.


Hartmut G., die "olle Gefühlsgarnele", war nun mal kein Mann der großen Worte und großen Gesten. Er war pragmatisch und zuverlässig, und das war besser. Fand auch seine Frau.


Aber Lena A. bestand mit Nachdruck darauf, nicht gedankenlos, sondern gedankenvertieft gewesen zu sein. - Doch weder die Richterin noch den Staatsanwalt, ja nicht mal ihren Verteidiger schien dies sonderlich zu beeindrucken.

Sonntag, 28. Februar 2021

 Als ob diese Leute, die mir sagen, ich sei zu nichts nütze, sich jemals mit dem Nichts befasst hätten!


"Ja, ich weiß, Schatz, mach ich, Schatz. Ja, sofort.", sagt er und sie weiß, eigentlich will er ihr ganz was anderes sagen und vor allem deswegen verachtet sie ihn so.


"Ach ja!? Bei dir hängt auch so einiges und ungeduscht riechst du übrigens wie 'n vollgepisstes Couchkissen!" Dass sie sich in ihrer Ehe nach all den Jahren zu mehr Ehrlichkeit durchgerungen hatten, verlieh auch ihrer Wortwahl einen ungeahnten Pep.


Als er dann endlich merkte, dass auch das Sichzurückhaltenkönnen glücklich und stolz macht, eröffneten sich ihm ganz neue, angenehme Wege und Perspektiven.


Damals tauschte ich den kleinbürgerlichen Mief meines Elternhauses gegen den ganz realen Mief einer billigen, verwahrlosten Großstadtbude und ich hatte die beste Zeit meines Lebens.

Montag, 15. Februar 2021

 Immerzu versuchte er zu glänzen, das war ganz schön ermattend.


In dem Rollcontainer unter seinem Schreibtisch hatte er Hustenbonbons, ein Paar Birkenstocksandalen und eine gebogene Büroklammer für die Ohrenschmalzbeseitigung deponiert. Er war in seinem Job angekommen.


Sie liebt es, wie in diesen Sitcoms Konflikte durch banale Geständnisse und versöhnliche Hintergrundmusik aufgelöst werden. Dass im realen Leben Konflikte einfach nur permanent durch neue Konflikte verdrängt werden, findet sie vom Prinzip her aber auch ganz okay.


Ruhe geben, als Geschenk.


Damals, als Kind sprach er vor dem Schlafen immer noch brav sein Nachtgebet für eine selige Nachtruhe. Etwas älter onanierte er stattdessen, das war effektiver. Und jetzt wird er wohl bald wieder beten.


"Würdest du ...?"
"Nein!"
"Magst du ...?"
"Nein!"
Er liebte seine mürrischen Selbstgespräche, sie gaben ihn ein Gefühl von Souveränität.


Hin und wieder drückten sich bei seiner 62jährigen Arbeitskollegin am Schreibtisch gegenüber die Brustwarzen durch den Pullover und auch sonst deprimierte ihn sein ganzes Arbeitsumfeld immer mehr.

Sonntag, 7. Februar 2021

 Allen, einschließlich ihm selbst, war klar, dass man ihn für den Betrieb nicht mehr brauchte, doch ließ man ihn in Ruhe, solange er nur mitspielte und professionell Beschäftigung vortäuschte. Er gehörte schließlich nicht zum Fußvolk.


Seine Chefin ermahnte ihn, mehr Begeisterung zu zeigen. Immerhin sagte sie zeigen und nicht empfinden oder aufbringen. Aber so oder so fühlte er sich längst zu alt für dieses ganze Getue.


Laut und völlig überdreht erzählte Elena N. dem Herrn S. ein im Grunde völlig banales Wochenenderlebnis und Herr S. empfand tiefe Dankbarkeit für seine eigene unaufgeregte Wirklichkeit.


Er legte großen Wert auf große Markenlogos auf seiner Kleidung und auch sonst war nicht viel mit ihm los.


Enttäuscht und entnervt fragte ihn seine Frau, ob er denn überhaupt noch für irgendetwas zu begeistern sei. Als er ehrlich und besonnen antwortete: für Ruhe und Gelassenheit, wurde sie so richtig borstig.


Manchmal erkannte auch er die Zeichen die Zeit, aber ihn interessierte das Zeitlose oder Unzeitgemäße. Die Zeichen der Zeit, das war was für miese, kleingeistige Spekulanten.


Seinen Seelenfrieden fand er bereits in Kleinigkeiten, für ihn war ohnehin alles keine große Sache mehr.


Die für ihre Tratschlust bekannte Kollegin Elena N. sieht es kritisch, dass das Kollegium im Pausenraum nur noch auf Smartphones starre, statt miteinander zu reden. Dies sei eine äußerst bedenkliche Entwicklung, gibt sie zu bedenken.

Sonntag, 31. Januar 2021

 Betrunkene Krakeeler auf der Straße bringen mich jedes Wochenende um meine Nachtruhe. Oft auch während der Woche. Gibt es so was wie ausgleichende Gerechtigkeit, zahle ich gerade für meine Jugend.


Die Lästernden sind im Grunde dankbar, wenn man ihnen nicht zustimmt. Man möchte in seiner Lästerei nicht bestärkt werden; es sei denn, man ist durch und durch boshaft.


Wegen jeder Kleinigkeit musste Heinrich R. immer gleich ein Fass aufmachen. Wirklich jeder Anlass kam ihm gerade recht, um einen zu heben.


klar kann man sich das Leben schön saufen, aber schön ist das nicht, aber immerhin


Bis über seinen Tod hinaus wusste Inge G. nie, was sie von ihrem Onkel Winfried G. eigentlich halten sollte, und so sagte sie immer, wenn das Gespräch auf ihn kam: ja ja, der Winfried, das war schon einer.


Der in die Jahre gekommene Popstar verachtete seine alten Hits und verwurstete sie auf Konzerten in ein schmieriges Medley. Das in die Jahre gekommene Publikum war zufrieden und klatschte geordnet mit.


Bei so vielem hatte man ja immerhin die Vorfreude.

Dienstag, 26. Januar 2021

 Betrunken und geistreich, das konnte durchaus mal vorkommen, aber meistens wurde er nur betrunken und das reichte ihm, denn er war genügsam und ohne Eitelkeit.


Statt die innere Unruhe zu bekämpfen, ließ er sie einfach machen. Sie tobte umher wie ein überdrehtes Kleinkind und er setzte sich und schaute amüsiert zu.


Es ist herz- und witzlos, permanent witzig sein zu wollen.


Erst romantisiert, dann auch noch verkitscht; der Liebe hat man damit keinen Gefallen getan. Kein Wunder, dass sie sich nur noch selten blicken lässt.


Tja, irgendwann ist die Luft nun mal raus: nach all der Aufgeblasenheit nur noch runzelige Schlaffheit. Der Mensch ist ein Luftballon.

Montag, 25. Januar 2021

 Im Dunkeln ging er zur Arbeit, im Dunkeln kam er wieder heim und wenn er dann im Schlafzimmer das Licht ausmachte, wusste er schon nicht mehr, was er den ganzen Tag überhaupt gemacht hatte.


In der Tasche eines alten Sakkos, das er schon lange nicht mehr getragen hatte, fand Herr S. einen alten Kassenbon. Er gab ihm den Namen Bon Jovi. Für die gleichnamige Musikkapelle hatte er hingegen noch nie etwas übrig.


auch bei anspruchsvoller Musik kann man sich dumm und dämlich saufen


All die Jahre Gespräche übers Wetter, immer wieder Wetter, Wetter, Wetter. Und Krankheiten. Und Backrezepte. Er kam da nicht gegen an, war nur noch müde, permanent müde.
Müde von Wetterfühligkeit, sagte sie.


Die Menschen begehren das, was sie in Filmen sehen. Es ist so billig wie effektiv, es ist beängstigend.


Aasendes Getier schart sich um den Rest des gefiederten Haufens. Ich, zentralheizungswattiert, mache den Kühlschrank auf, Marke Privileg.


In seiner Kindheit und Jugend bekam er ständig zu hören, wie existenziell wichtig Geist und Kultur sind. Erst als er sich auf dem Arbeitsmarkt als überstudierter Geisteswissenschaftler wiederfand, dämmerte es ihm.

Freitag, 22. Januar 2021

 Nach Schließung der Dorfkneipe, des Dorfladens und des Dorffrisörs spielte sich das öffentliche Leben noch auf dem Dorffriedhof ab.


Unser Dorfdealer hatte damals so seine "Konnekschöns", über die er sich gern großspurig ausschwieg.


Als es in den Dörfern noch Dorfkneipen gab, gab es auch immer was zu erzählen. Jetzt tratscht man über Verborgenes.


In der Dorfschule wurden damals alle Dorfkinder gemeinsam in 4 Klassenstufen unterrichtet. Erst nach der 4. Klasse trennte man die Kinder wohlhabender Eltern von denen der weniger wohlhabenden.


Der Dorfquerulant zog in die Stadt und wurde Aktivist.


Die Dorfjugend traf sich damals an der Bushalte.
Nein, die Bushalte stand nicht symbolisch für die Sehnsucht nach Aufbruch und Ferne. Dort stand eine Bank und es war überdacht.


Der Dorftrinker in meiner Kindheit hieß Erwin T. Sein Alkoholismus war Teil der öffentlichen Unterhaltung. Heutzutage gibt es hier keinen Dorftrinker mehr, dafür aber RTL2.


Der DJ der Dorfdisko kam von irgendwo außerhalb und sein Repertoire an Schallplatten und flotten Sprüchen war auf fast schon zynische Art und Weise äußerst begrenzt.

Montag, 11. Januar 2021

 Mit der Vernunft ist es nicht weit her, der Körper mit seinen Befindlichkeiten leitet dir den Weg und irgendeine Erkrankung gibt dir dann irgendwann den Rest. Der Mensch sollte runter von seinem hohen Ross.


Dasitzen, das Jetzt ertragen und plötzlich laut loslachen müssen. So kanns gehen.


Selbstironie befreit und ist der Schlüssel zum Herzen der Menschen. Aber viel lieber macht man sich mit seiner Eitelkeit das Leben schwer.


Aber der Mensch ist allzu oft ein gieriger Idiot.


Kleine Arschlöcher mit ihrer von sich gegebenen Scheiße bitte kommentarlos auflaufen lassen! Vielen Dank. - Die großen lassen sich so womöglich auch mal weg ignorieren.


Holger 'Holgi' O. trug alle Tage T-Shirts mit humoristischem Aufdruck. Gern hätte er mal eine Frau rumgekriegt, aber niemand sagte es ihm.


Um ihren Alkoholismus zu vertuschen, kaufte sie zu ihrem Wein immer auch eine Glückwunschkarte. Die Kassierer*innen wussten natürlich Bescheid, gaben sich aber ahnungslos und schenkten ihr jedes Mal ein freundliches Lächeln. Was sollten sie auch sonst tun?


Nicht zuletzt wegen der vielen spöttischen Bemerkungen bzgl. seines Namens etablierte Hr. Ernst Fröhlich im Laufe der Zeit seinen unerschütterlichen Gleichmut.


Sogar das Liegengelassene, das sich durch das Liegenlassen längst erledigt hatte, lag bei ihm noch lange rum.


Schon sehr früh stand er lieber abseits und schaute nur zu und als dann im Kindergarten und in der Schule dieser Mitmachzwang über ihn hereinbrach, war's endgültig aus.

Sonntag, 10. Januar 2021

 Mein Opa sagte immer "alle in einen Sack, Knüppel druff, triffstde keinen Falschen", wenn es um arbeitsscheue Hippies, rauchende Frauen oder sonstige Linke ging. Nein, mein Opa war keiner dieser warmherzigen, verständnisvollen Kuschelopas.


Damals, als das Fernsehen noch was war, da liefen noch eindeutig abwechslungsreichere Wiederholungen.


Und so sprach der Herr: Am dritten Tag in Folge aber ist auch die schönste Schlemmerei und Sauferei nur noch ein Akt der Trostlosigkeit.
Ja, so sprach er daher und so richtete er es auch ein, der olle Miesepeter.


Zeitlebens nahm er sich stets ernst und wichtig und so war er denn trotz all seiner Reichtümer nur ein armer Wicht.


Altersresigniert bestellte sich Gerhardt D. diesmal ein alkoholfreies Bier und der sonst so verkniffene Mund seiner Gattin Gerda verzog sich prompt zu einem triumphierenden Grinsen.


Ausrufezeichen sind unsympathisch!


Ihr Geltungsbedürfnis war enorm und alles, was sie tat, tat sie mit lautem Gepolter und strenger Miene. Sie war ein ganzer Kerl und niemand mochte sie.


Seine Eloquenz ist selbstverliebt und schwatzhaft. Floskeln werden umso abstoßender, je geschliffener sie daherkommen.

Freitag, 1. Januar 2021

 Der faule Hund ist faul aus naturgegebener Vernunft; er ist satt und hat es warm. Der Mensch in gleicher Lage hingegen zieht es vor, unzufrieden zu sein.


Je länger man sich ans Alleinsein gewöhnt, desto schwieriger wird's.


Die nach der Pandemie wieder einsetzende soziale Distanzlosigkeit ließ ihn ein ums andere Mal erschaudern und so suchte er wieder Zuflucht in der längst liebgewonnenen Zurückgezogenheit.


Wenn die Leute einen ständig fragen, wie es einem geht, sollten sie sich nicht wundern, wenn einem das Lügen zur Gewohnheit wird.


Der ewige Kneipenhocker Knut W. träumte noch von einer krassen Karriere als krasser Dartprofi. Alle anderen Träume waren in "Michi's Dart-Eck" längst ausgeträumt.


Unter Alkoholeinfluss unterliegt man immer wieder so mancher Fehleinschätzung, vor allem die eigene Tiefsinnigkeit, Witzigkeit und Unwiderstehlichkeit betreffend. Und dann gibt es noch die Kandidaten, die dafür nicht mal Alkohol benötigen.