Sonntag, 31. Dezember 2023

 Wieder mal hatte er die Vorstellung, sich einfach irgendwann konsequent tot zu saufen. Auch als eine Art Statement, als beleidigtes Abwenden von diesem unfreiwilligen Dasein, mit dem er im Grunde nie was anzufangen wusste.


Er war erschöpft von den Zumutungen dieses tagtäglichen Irrsinns. Und da war nichts mehr, was ihn wieder aufbaute, nur noch die Sehnsucht nach einer alles durchdringenden Gleichgültigkeit.

Mittwoch, 27. Dezember 2023

 Und dann sollte man sich endlich für einen Beruf entscheiden und das war es dann, was man war.


Aufgedruckte Lustigkeit auf T-Shirts und Kaffeebechern.


Bei aller Intelligenz, Kompetenz und Strebsamkeit scheiterte er dann doch aufgrund seiner Arschlochhaftigkeit. Dass er das Scheitern dann in keinster Weise realisierte, war ein Aspekt dieser Arschlochhaftigkeit.


Die Chefetage war nicht im Haus, das komplette Kollegium saß entspannt in der längst überzogenen Mittagspause. Für einen kurzen Moment war man sich einig: Was soll überhaupt der ganze Stress, diese lächerliche Aufregung um irgendeinen Kleinschiss?


Die Nachbarn poltern umher, den ganzen Tag, von morgens bis abends poltern und lärmen sie in der Wohnung umher; sind unfähig zur Ruhe und Untätigkeit.

Sonntag, 24. Dezember 2023

 Nach jedem Arbeitstag soff er sich den Dreck von der Seele und nach 'nem kräftigen Bierschiss am nächsten Morgen ging's dann wieder weiter.


Geselligkeiten gingen ihm auf den Sack. Seiner Frau passte das nicht, sie zankte wieder und wieder mit ihm wegen seiner fürchterlichen Ungeselligkeit. Aber er blieb dabei: Geselligkeiten gingen ihm auf den Sack.


Das Beenden der Sucht, das endgültige Aufhören mit einem Letzten Mal zelebrieren – und dann nochmal, weil's so bedeutend ist, so erhebend. Und dann nochmal.


Sie war ein ums andere Mal unzufrieden, verfiel dann immer in eine bittere Streitlust, oft schon am frühen Morgen. Die Versöhnungen mit ihr waren wiederum warmherzig und voller Großzügigkeit; aber auch das wurde Routine.


Im hohen Alter beschwerte sie sich oft über ihre Einsamkeit und körperlichen Beschwerden und Einschränkungen. Allerdings, sagte sie mal, wenn sie so hört, wie schlimm es so manch andere trifft, da geht es ihr ja noch gut; das baut einen dann doch wieder etwas auf.


Das alles überforderte sie. Als ihr Mann noch lebte, hatte der sich immer um das alles gekümmert. Musste sie jetzt Entscheidungen treffen, wichtige Entscheidungen, dann traf sie sie anhand rein sentimentaler Überlegungen.

Mittwoch, 20. Dezember 2023

 Er drückt den Remote Key und das Auto hupt und blinkt. Wie ein Hund, der wufft und mit dem Schwanz wedelt.


Freudige Erregung, weil man einen Grund für eine persönliche Anschaffung hat; man kauft nicht aus innerer Leere, aus Langeweile, man hat einen vernünftigen Grund, einen auch für andere nachvollziehbaren, absolut vernünftigen Grund!


Eine Frau – um die 30, Business-Kostüm – diskutiert mit dem Kassierer, sie hält den Betrieb auf, redet aber ruhig und gefasst, fragt schließlich nach einem Vorgesetzten. Der kommt und hört ihr zu und erstattet ihr dann die 15 Cent aus seinem eigenen Portemonnaie.


Zwei Jugendliche rennen in Richtung Ausgang der Stadtbücherei. Einer ruft gut vernehmbar "Penis" und beide lachen erregt über ihren Streich.


Die Ruhe ist das Größte.

Donnerstag, 14. Dezember 2023

 Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub war jedes Mal der schlimmste. Da wieder hin müssen, sich wieder diesem Scheiß aussetzen – und wofür? Damit es weitergeht, immer so weitergeht und man bloß nicht auf der Strecke bleibt mit all dem angehäuften Ballast um einen herum.


Ist er bei der Arbeit, ist er da eben und macht, was er eben machen muss. In Gedanken ist er dann woanders: Da, wo's schön ist, da sieht er sich sitzen mit 'nem Bier in der Hand und 'ner Zufriedenheit im Gesicht.


Es war offensichtlich, er hatte sich dabei was gedacht. Gedankenfrei wär's ihm vielleicht besser gelungen.


Als durch und durch sarkastischer Mensch verbrachte er in der Vorweihnachtszeit viel Zeit in den Warenhäusern und schaute sich um.


Mit 'ner tiefen Stimme und 'nem großen Penis wäre er wahrscheinlich etwas entspannter unterwegs, aber so –


Berufstätig und rentenfixiert, so steht er jetzt da, so verlebt er seine Tage, Wochen, Jahre. Als junger Mann hatte er solche Typen, wie er jetzt einer ist, immer verhöhnt. Dafür würde er seinem jungen Ich jetzt gern mal schön die vorlaute Fresse polieren.


"Live fast, die young!", das wär' nix für mich, das entspräche nicht meinem Way of Life, meinem Style. Im Alter mit 'ner gediegenen Altersvorsorge dastehen: DAS rockt! DA sehe ich mich.

Donnerstag, 7. Dezember 2023

 Alles schlecht zu reden, war die einzige Freude, die er noch hatte. Hinter seinem Rücken amüsierten sich die Leute über ihn, zitierten seine Meckerei und schnitten Grimassen dazu. Eine echte Win-win-Situation.


Ihm war Ehrgeiz immer schon eine Selbstverständlichkeit und er war stolz auf seinen Beruf und seinen Erfolg. Er hatte einfach Freude daran, die Leute über den Tisch zu ziehen; es zauberte ihm jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht und sein prahlerisches Auto war die Trophäe.


Bei den Dorffeierlichkeiten damals in seiner Jugend sorgte der Alkohol immer mal wieder für bemerkenswerte Unverblümtheiten; Gesprächsstoff für Wochen, wenn nicht Jahre. Später in der Anonymität und Liederlichkeit der Großstadt trank es sich dann erheblich ungenierter.


Das Schlimmste an der Weihnachtsfeier war wieder mal die feierlich verlogene Ansprache der Abteilungsleiterin. Und dass man mit dem Alkohol aufpassen musste, das natürlich auch. Und dann noch das Warten, dass endlich der erste aufsteht und sich verabschiedet.


Irgendwann geht einem ja selbst die Sauferei auf den Senkel, aber gut, nach zwei drei Tagen geht's ja wieder.


Nach jetzt über 20 Jahren im gleichen Job geht er Morgen für Morgen wie ferngesteuert zur Arbeit, sein ganzes Leben ist längst eine einzige Gewohnheit. Als junger Mann hatte er immer Heavy Metal gehört. Die CDs hat er noch und die gibt er auch nicht her.

Sonntag, 3. Dezember 2023

 Sein Name war Cliff Holden und so nannte man ihn auch: Cliff Holden. Er war groß, muskelbepackt, ein Hüne. Selbst der Schatten, den er warf, war von imposanter Härte.


Er war der Teufel in Person, knallhart mit den Fäusten, blitzschnell und skrupellos mit dem Schießeisen. Ein Mann mit Erfahrung, ein Mann, der sich grundsätzlich nicht ans Bein pinkeln ließ – schon aus Prinzip nicht.


Colton Smith war kein Mann großer Worte. Colton Smith war ein Mann der Tat. Ein Mann, der die Frauen zu überzeugen wusste. "Noch einen Whiskey!", sagte er mit fester Stimme zu der drallen Blondine. Sie lächelte und musterte ihn schamlos lüsternen Blicks.