Sonntag, 28. Februar 2021

 Als ob diese Leute, die mir sagen, ich sei zu nichts nütze, sich jemals mit dem Nichts befasst hätten!


"Ja, ich weiß, Schatz, mach ich, Schatz. Ja, sofort.", sagt er und sie weiß, eigentlich will er ihr ganz was anderes sagen und vor allem deswegen verachtet sie ihn so.


"Ach ja!? Bei dir hängt auch so einiges und ungeduscht riechst du übrigens wie 'n vollgepisstes Couchkissen!" Dass sie sich in ihrer Ehe nach all den Jahren zu mehr Ehrlichkeit durchgerungen hatten, verlieh auch ihrer Wortwahl einen ungeahnten Pep.


Als er dann endlich merkte, dass auch das Sichzurückhaltenkönnen glücklich und stolz macht, eröffneten sich ihm ganz neue, angenehme Wege und Perspektiven.


Damals tauschte ich den kleinbürgerlichen Mief meines Elternhauses gegen den ganz realen Mief einer billigen, verwahrlosten Großstadtbude und ich hatte die beste Zeit meines Lebens.

Montag, 15. Februar 2021

 Immerzu versuchte er zu glänzen, das war ganz schön ermattend.


In dem Rollcontainer unter seinem Schreibtisch hatte er Hustenbonbons, ein Paar Birkenstocksandalen und eine gebogene Büroklammer für die Ohrenschmalzbeseitigung deponiert. Er war in seinem Job angekommen.


Sie liebt es, wie in diesen Sitcoms Konflikte durch banale Geständnisse und versöhnliche Hintergrundmusik aufgelöst werden. Dass im realen Leben Konflikte einfach nur permanent durch neue Konflikte verdrängt werden, findet sie vom Prinzip her aber auch ganz okay.


Ruhe geben, als Geschenk.


Damals, als Kind sprach er vor dem Schlafen immer noch brav sein Nachtgebet für eine selige Nachtruhe. Etwas älter onanierte er stattdessen, das war effektiver. Und jetzt wird er wohl bald wieder beten.


"Würdest du ...?"
"Nein!"
"Magst du ...?"
"Nein!"
Er liebte seine mürrischen Selbstgespräche, sie gaben ihn ein Gefühl von Souveränität.


Hin und wieder drückten sich bei seiner 62jährigen Arbeitskollegin am Schreibtisch gegenüber die Brustwarzen durch den Pullover und auch sonst deprimierte ihn sein ganzes Arbeitsumfeld immer mehr.

Sonntag, 7. Februar 2021

 Allen, einschließlich ihm selbst, war klar, dass man ihn für den Betrieb nicht mehr brauchte, doch ließ man ihn in Ruhe, solange er nur mitspielte und professionell Beschäftigung vortäuschte. Er gehörte schließlich nicht zum Fußvolk.


Seine Chefin ermahnte ihn, mehr Begeisterung zu zeigen. Immerhin sagte sie zeigen und nicht empfinden oder aufbringen. Aber so oder so fühlte er sich längst zu alt für dieses ganze Getue.


Laut und völlig überdreht erzählte Elena N. dem Herrn S. ein im Grunde völlig banales Wochenenderlebnis und Herr S. empfand tiefe Dankbarkeit für seine eigene unaufgeregte Wirklichkeit.


Er legte großen Wert auf große Markenlogos auf seiner Kleidung und auch sonst war nicht viel mit ihm los.


Enttäuscht und entnervt fragte ihn seine Frau, ob er denn überhaupt noch für irgendetwas zu begeistern sei. Als er ehrlich und besonnen antwortete: für Ruhe und Gelassenheit, wurde sie so richtig borstig.


Manchmal erkannte auch er die Zeichen die Zeit, aber ihn interessierte das Zeitlose oder Unzeitgemäße. Die Zeichen der Zeit, das war was für miese, kleingeistige Spekulanten.


Seinen Seelenfrieden fand er bereits in Kleinigkeiten, für ihn war ohnehin alles keine große Sache mehr.


Die für ihre Tratschlust bekannte Kollegin Elena N. sieht es kritisch, dass das Kollegium im Pausenraum nur noch auf Smartphones starre, statt miteinander zu reden. Dies sei eine äußerst bedenkliche Entwicklung, gibt sie zu bedenken.