Sonntag, 25. August 2019

Diffus im Suff, überbelichtet im Kater, dröge in der Nüchternheit: So wurschtelt er sich irgendwie durchs Leben.


Er hatte weiß Gott kein angenehmes Leben, aber man sah es ihm an: Unansehnlich und krank hatten ihn seine Wut, seine Bitterkeit und sein Hass gemacht.


Sie nörgelt rum und stänkert, macht ihm gern die Hölle heiß und beklagt sich über seine "erbärmliche Harmoniesucht". Er winkt ab und grinst wie ein Einfaltspinsel. Und zählt die Tage, bis die Kinder endlich aus dem Gröbsten raus sind.


Die Sonne schien und da soff er sich aus heiterem Himmel einen an.


Wenn Sie als ängstlich vermeidender Typ an sich arbeiten wollen, vergessen Sie dann bitte nicht, dass Sie ein Erfolgsmodell der Evolution sind und im täglichen Miteinander zu den ausgesprochen angenehmen Zeitgenossen gehören.


Der nur mäßig begabte und entsprechend nur mäßig erfolgreiche Schauspieler Wolfgang L. vermochte es nicht einmal, seine generelle Verachtung gegenüber seinen Mitmenschen zu überspielen.


Jede Nacht raspelt sich sein neuer Nachbar dröhnend die Raucherlunge aus dem Hals und er fragt sich wieder mal, wie viel Gewaltdelikte wohl auf hellhörige Wohnungen zurückzuführen sind.


Sie argumentiert, um den Streit fortzuführen. Er, um ihn zu beenden. Der Arme hat keine Chance.

Sonntag, 18. August 2019

Überzeugt von seiner intellektuellen Überlegenheit und generellen Großartigkeit empfand er Regeln grundsätzlich als persönliche Schikane. Besonders die lächerlichen Regeln der Straßenverkehrsordnung behinderten ihn bei der Entfaltung seiner sportlich dynamischen Persönlichkeit.


Als er ihr fürchterlich nervös seine Liebe gestand und sagte, er sei vielleicht nicht reich, habe aber einen prallen Sack voller Liebe für sie, da wollte sie das ja nur empört missverstehen.


Sein Chef lobte ihn vor versammeltem Kollegium für seine Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft. Und dabei hatte er sich gerade vorgenommen, auch mal krank zu machen und überhaupt kürzer zu treten. Mein Gott, wie er den Kerl hasste!


Das wohlig sanfte Absacken in die Seligkeit nach dem zweiten Bier: das postkoitale Ersatzerlebnis für den alten, alleinstehenden Mann. Prost!


Alles an ihr war nur noch energisch und einfordernd. Ihr Gang, ihre Stimme, ihre Wortwahl - er ertrug es nicht mehr. Sogar das Parfüm, das er immer so an ihr gemocht hatte, bereitete ihm inzwischen Übelkeit und Kopfschmerzen.


Sie ertrug seine herrische und vulgäre Art nicht länger und machte konsequent einen klaren Schnitt. Der Notarzt konnte nichts mehr für ihn tun.


Seit über 10 Jahren will sie ihr Leben ändern, um dieser Unzufriedenheit zu entkommen. Job-, Orts-, Partnerwechsel: nichts hat geholfen. Gestern sah sie ein Foto von sich an ihrem 5. Geburtstag, ihren missmutigen Blick erkannte sie sofort wieder.


Micha H. ist stolz auf seine neue Freundin. Er kann es kaum erwarten, sie bei der Weihnachtsfeier den Kollegen vorzustellen. In den letzten 4 Jahren hat er einen bemerkenswerten Umsatz erzielt und sie repräsentiert seinen neuen Status einfach perfekt.


Das einzige, was Assistenzarzt Bernhard D. noch davon abhält, sich jedes Mal nach Feierabend hoffnungslos zu betrinken, sind die beruflichen Verpflichtungen am Folgetag. Hat er dann nur Bereitschaft, dreht er am Rad.


Jens-Dieter meint, die Menschheit hat es immer wieder verkackt und über kurz oder lang wird sie es endgültig verkacken. Deswegen guckt Jens-Dieter ganz gern Star Trek, denn da hat sie es ja dann doch nicht verkackt.


Der stets mürrische Kioskbetreiber macht sich noch nicht mal die Mühe, zumindest den Anschein von Freundlichkeit zu erwecken. Herrn S. gefällt das. Der Kaufakt geht dort jedes Mal schnell und wortlos über die Bühne.


Herr S. ertrug das Wohnen viele Jahre lang nur als Provisorium und hatte seine Habseligkeiten immer schon für den nächsten Wegzug praktisch verstaut. Wollte seine Freundin die Wohnung "wohnlicher" gestalten, gab's Zoff.


Schon damals, als die Wahl des Klingeltons noch eine große Sache war, fragte sich Eberhard H., was dieser ganze nervtötende Firlefanz eigentlich soll.

Sonntag, 4. August 2019

Der Auto-Poser Marvin M. hat dem gängigen Klischee entsprechend tatsächlich einen kleinen Penis. Dass er damit in der Poser-Szene offen und humorvoll umgeht, macht es für ihn aber nicht gerade leichter.


Überzeugt von seiner zentralen Position im Weltgefüge sieht er in menschlichen Warteschlangen einen Akt der Selbstunterwerfung von erbärmlichen Schlappschwänzen und belächelt jedes Mal die Empörung, die er dort auslöst, wenn er seinem Status Geltung verschafft.


Typisch deutsches Dienstleistungsbewusstsein! Jetzt muss er doch tatsächlich wieder mal durch energisches Klopfen an der Eingangstür auf sich aufmerksam machen, obwohl die Verkäuferinnen sehen können, dass er wartet und in 12 Minuten öffnen sie doch sowieso!


Obwohl die Wochenenden in seinem Einsamkeitsleben noch trostloser waren als die Arbeitstage, freute er sich auf sie, bis sie dann da waren.