Sonntag, 30. Dezember 2018

In seiner Berufsmüdigkeit war er nur noch darauf bedacht, den Arbeitstag möglichst unbehelligt runterzuspulen. Immerhin bot ihm das naive Karrieregeschwätz der jungen Ehrgeizlinge ab und an noch einen Anlass für ein herzhaftes Lachen.


Angetrunken am Stammtisch sprach er es aus: Er denke an eine dankbare Asiatin aus dem Katalog, er sei kein Monster, aber nun mal so beschissen einsam. Sie lachten ihn aus und ermunterten ihn und er bereute seine Anwesenheit.


Auch er war gegen Zahnschmerzen und Blinddarmentzündungen und wollte das einfach mal unmissverständlich auf ein T-Shirt gedruckt seiner Umgebung mitteilen.

Sonntag, 23. Dezember 2018

Sein sensibles Wesen hockte ängstlich hinter seinem einschüchternd grobschlächtigen Äußeren. Im Dorf galt er gemeinhin als der unberechenbare Irre und mit unverhohlener Aversion hielt man Abstand. Irgendwann erfüllte er dann ihre Erwartung.


Um bei der Arbeit beliebt und unangreifbar zu sein, meinte Hans-Jürgen H., bei jeder Gelegenheit besonders witzig und geistreich daherkommen zu müssen. Zuhause mit der Familie lief's für ihn gerade auch nicht besonders rund.


Als sie sich für seinen hervorgepulten Ohrenschmalzpfropf genauso interessiert und begeistert zeigte wie er selbst, kam ihm plötzlich der Verdacht, dass sie vielleicht doch nicht immer ganz ehrlich zu ihm ist. Der Termin beim Notar war in 2 Tagen.


Es wurde ihm einfach alles zu viel. Er wollte nur noch in aller Ruhe auf dem Sofa liegen, die Wand anstarren und mal gründlich über sein Leben nachdenken. Als er dann genau das tat, musste er feststellen, dass er sich irgendwie mehr davon versprochen hatte.


Sie glorifizierten die Abstinenz, sprachen von Erlösung. Da wollte auch er dem Alkohol nun völlig entsagen. Nach 5 Wochen war er dann reichlich ernüchtert von der Nüchternheit und goss sich zum Wochenende mal wieder einen ein.


Und so fragte er sich irgendwann, was seine Depression eigentlich so richtig befeuert: die Vergeblichkeit seines Tuns oder aber sein Nichtstun?


Herr S. beneidet alte Menschen um die soziale Akzeptanz ihrer Langsamkeit.

Sonntag, 16. Dezember 2018

Er war jetzt Mitte 50 und fühlte sich ausgebrannt. Das einzige, was er sich noch für seine Arbeit wünschte, war, ein paar liebgewonnene Routinen beibehalten zu dürfen. Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert.


Ein vorlautes Verb belebt den Satz; ein konformistisches Adjektiv killt ihn.


Die Behauptung, er reinige den mit Haaren und Schmodder verklebten Ausguss ganz bewusst nicht, können doch so keine Spinnen mehr daraus hervorklettern, funktioniert auch bei seiner neuen Freundin ziemlich gut.


Der konservative Sparer Heinz K. stellt sich oft vor, dass seine Wohnung in seiner Abwesenheit komplett ausbrennt. So vergegenwärtigt er sich, dass alles wirklich Wichtige sich in seinem Kopf und auf seinem Bankkonto befindet.


Ihre Lieblingsfloskel „Is' mir doch egal“ gebrauchte Carmen K. auch noch im Erwachsenenalter gern und oft. Dass sie weder beruflich noch gesellschaftlich besonders erfolgreich war, war ihr doch egal.


Er gehört dem Arbeitsmarkt, getrieben von einer Befristung zur nächsten. Das günstige Provisorium ist sein Zuhause und die Sehnsucht nach einer Geborgenheit, von der er nur noch eine vage Vorstellung hat, quält ihn in seiner Einsamkeit.


Dass das "eigentliche" Problem immer woanders liegen soll, irgendwo "tiefer", hielt der hemdsärmelige Pragmatiker Ulf P. für eine billige Ausrede, ein bequemes Ausweichen. Als eingefleischter Junggeselle hatte er natürlich keinen blassen Schimmer.


Nach getaner Arbeit kam er heim, redete von der Arbeit und dann war Schlafenszeit. Ihre Wochenenden verstrichen zäh in ratloser Lethargie und giftigem Schweigen.

Sonntag, 9. Dezember 2018

Wohlhabend war er jetzt, sein Leben gediegen und geordnet. Ein Zuviel an Kaffee war die einzige Ausschweifung, der er sich - vornehmlich am Wochenende - noch hingab. Aber auch das stellte ihm sein empfindlich gewordener Magen stetig höher in Rechnung.




Als Wochenendalkoholiker bestimmte weniger der Alkohol an sich sein Leben als vielmehr der Gedanke an ihn. Freitag war der einzige Tag, an dem er zumindest halbwegs guten Mutes die Arbeitszeit runterratterte.


Die Toiletten in den Clubs waren ihm schon immer ein Gräuel gewesen. Er eilte nach Hause und pisste wonnevoll in die heimische Kloschüssel: Abschluss und emotionaler Höhepunkt seiner Samstagnacht.


So viele Nachbarn überall haben ihre körperliche Unversehrtheit oder gar ihr Leben OHROPAX® zu verdanken. Und sie haben nicht einmal den leisesten Schimmer.


Mit Alkohol sterilisierte er sein Hirn bis zur Bewusstlosigkeit. Am nächsten Tag waren die Erreger wieder da und nervten.

Dienstag, 4. Dezember 2018

Der Weg zum ersten Arbeitstag nach dem Urlaub ist jedes Mal wieder der schlimmste. Und wenn dann der nächste Urlaub ansteht, wird er sich wie jedes Mal wieder vergeblich vornehmen, die freie Zeit dafür zu nutzen, sein Leben in neue Bahnen zu lenken.
Der Alkohol wird sein Leben mit Sicherheit um einige Zeit verkürzen. Hoffentlich genau die, die er ansonsten hilflos, wundgelegen und vollgeschissen in so einer Einrichtung verbringt.
Nach durchzechten Wochenenden erwachte er oft kopfüber und schmerzhaft im übelsten Schlamassel und konnte sich dabei kaum mehr einkriegen vor Lachen. Was das betrifft, vermisst er seine Jugend.
Endlich eine attraktive Frau mit kompatibel niedrigen Hygieneansprüchen, dachte sich der Alt-Punk Ferdi "Ferkel" L. Wenn sie jetzt noch reiche Eltern hat, macht er Nägel mit Köpfen.
Herr S. hielt lieber den Mund, als ihrem heiter verlogenen Miteinander beizutreten. Schnell galt er als arrogant.
Mächtig verliebt hatte er diesmal vor ihrem Besuch extra die verstaubten Putzmittel aus dem kaputten Unterschrank hervorgekramt und seine Wohnung blitzblank geputzt. Unbeirrt und unnahbar spulte die Gerichtsvollzieherin Ute R. aber wieder nur die Formalien ab.