Freitag, 28. Juni 2019

Umgeben von abschreckenden Beispielen begreift und nutzt der Angestellte Hartmut R. seinen Arbeitsplatz inzwischen als eine persönliche Übungsstätte zur Entwicklung einer geduldigen, gesunden Psyche.


Vom Leben fies und ungerecht behandelt zog sich Gerd G. schwer beleidigt in seine Ecke zurück und beschäftigte sich dort mit den Spielzeugen seiner unbeschwerten Kindheit und Jugend.


Fernsehen schaute er nur noch ohne Ton. Morgens und abends in der Straßenbahn und sogar mittags in der Kantine stopfte er sich Ohropax in die Ohren. Ohne Ohropax zu schlafen, war undenkbar. Er fragte sich, ob Taubheit nicht ein Segen für ihn wäre.

Sonntag, 23. Juni 2019

Weil er mit 68 immer noch von einem lässigen Leben mit einem sexy Bikini-Model träumt, gibt er jeden Monat über 500 Euro für Lotto aus. Dass er nach bürgerlichen Maßstäben in seinem Leben alles erreicht hat und in der Gemeinde hochangesehen ist, bedeutet ihm einen Scheiß.


Auch wenn ihm seine Mitmenschen fürchterlich auf die Nerven gehen, sie geben ihm Halt; genau so verhält es sich mit seinem Job. Er hat es endlich eingesehen: er steht nicht über den Dingen.


Die Naivität von Fr. Schulz ging so weit, dass sie allen Ernstes glaubte, ihr außerordentlich ehrgeiziges Engagement für die Firma erhöhe auch ihr Ansehen bei den Kolleg*innen.


Michael 'Mike' von Stolzener fand die Jacke eigentlich "echt hammer" und er sah darin "voll savage" aus, aber ihr günstiger Preis lag nun mal definitiv unter seinem Niveau.


Hochintelligent, engagiert, fachlich immer auf den neuesten Stand und dennoch war Dr. Lisa P. aufgrund ihres Empathiemangels eindeutig eine katastrophale Fehlbesetzung. Die Patienten in der Klinik aber hatten keine Wahl.


Dass der sich gern als exzentrischer Business-Punk inszenierende Lars W. nach Abschluss seines BWL-Studiums den Fliesen- & Bäder-Shop seines Vaters übernehmen wird und seine Eltern bereits ihr Wohnhaus für ihn ausbauen, behält er lieber für sich.


Alle wirklich außergewöhnlichen Menschen, die Herr S. bislang kennenlernen durfte, waren auf den ersten Blick ganz gewöhnlich.


Ihren mürrischen und berufsmüden Chef hatten die Mitarbeiter*innen erst zu schätzen gelernt, als seine für den Betrieb brennende Nachfolgerin von ihnen das gleiche Maß an Engagement und Begeisterung einforderte, welches sie ihnen tagtäglich theatralisch vorlebte.


Nicht mehr sagen müssen "Es ist mir egal!", weil es wirklich so ist und stattdessen irgendwas Nettes trällern - da möchte er hin.


Kai-Uwe H. pflegte lieber einen Ghetto-Gangsta-Lifestyle, als sich um sein Studium zu kümmern. Als nach 18 Semestern seine Mutter sich plötzlich weigerte, weiterhin seine Wäsche zu waschen, spürte er erstmals, was es bedeutet, "echt in trouble" zu sein.


Auch Herr S. war mal ein Nachtschwärmer. Inzwischen bevorzugt er die ruhigen, klaren, unverbrauchten Morgenstunden.


Zu der Zeit als plötzlich die ersten Kleinkinder bei den nächtlichen Privatpartys auftauchten und mit ihrer überdrehten Quirligkeit für jede Menge Spaß und Unterhaltung sorgten, war der eigentliche Spaß endgültig vorbei.

Sonntag, 16. Juni 2019

Auch wenn er in seinem Leben groß nichts erreicht hat, so ist Hubert B. doch jedes Mal stolz wie Bolle, wenn er jetzt, mit Mitte 60, noch immer morgens mit einem Mordsständer aus dem Bett steigt.


Herr G. hat Familie. Vor allem deswegen hätte er gern einen Job, bei dem er auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten muss.


Ihr energisch stampfender Gang änderte auch nichts daran, dass Fr. Hupweiler es nie vermochte, in ihrem Beruf die glanzvolle Karriere hinzulegen, die ihr ihrer Meinung nach zustand.


Als der für die betriebliche Fortbildung engagierte Coach sich wieder mal als ein gescheiterter Schauspieler/Musiker/Autor entpuppte, begleitete der verbitterte Lohnbuchhalter Max A. das Seminar mit einem süffisanten Grinsen.


Jeden Morgen schleppt er sich verkatert zu seinem verhassten Job und dabei ist ihm bewusst: ausgerechnet nur noch diese blödsinnige Arbeit ist es, die ihn vor dem endgültigen Absturz bewahrt.


Durch ihre völlige Fixiertheit auf Äußerlichkeiten erkannte Ashley L. den Kern ihres Seins.


Als Kind war Walter R. gehässig und hinterhältig. Jetzt, als freundlicher, distinguierter alter Herr, muss er sich vor der kleinen Drecksau in ihm immer noch mächtig in Acht nehmen.


Gerade mal ein Bier lang hat sich Uwe W. das kostenlose Rockkonzert auf dem Stadtfest angeschaut, nur um dann wieder allein, müde und seiner Jugend nachtrauernd nach Hause zu gehen. Und dafür hatte er sich extra noch diese auf alt gemachte Motorradlederjacke gekauft.