Samstag, 19. Oktober 2019

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Obwohl Schmidt einen großen Bogen um den Stand gemacht hatte, sah er aus dem Augenwinkel, wie der Spendeneintreiber geradewegs auf ihn zu stürmte. Schmidt zog den Kopf ein und macht eine abwehrende Handbewegung, als der junge Mann ihn mit dieser manischen Aufdringlichkeit ansprach. „Nein, nein, keine Zeit“, sagte Schmidt und beschleunigte seinen Schritt. „Einen wunderschönen Tag wünsch ich dem Herren noch“, rief der Spendeneintreiber ihm in übertriebener Freundlichkeit hinterher.
Schmidt mied Fußgängerzonen schon länger und gerade wurde ihm wieder bewusst, warum. Er wollte sich neue Schuhe kaufen. Obwohl ihm klar war, dass er niemals so etwas wie eine Beziehung mit Sheela eingehen wird, so wollte er ihr doch gefallen. Er legte in letzter Zeit größeren Wert auf sein Äußeres, kleidete sich neu ein, war beim Friseur, ernährte sich bewusster, betrieb sogar Morgengymnastik. Und es tat ihm gut, er fühlte sich wohl und gewann an Ausstrahlung. Er hatte das Gefühl, Frauen warfen ihm Blicke zu.
Aufgrund seiner Aversion gegenüber Fußgängerzonen kaufte Schmidt fast nur noch im Internet ein, aber bei der Anschaffung von neuen Schuhen wollte er die Ware doch vorher anprobieren und sie erst danach im Internet bestellen.
Schmidt nahm ein Paar hellbrauner Halfbrogue der Größe 45 aus dem Regal und probierte sie an. Die Schuhe ließen sich gut sowohl bei der Arbeit als auch privat tragen und Frauen mögen elegante Schuhe an Männern.
„Die Schuhe stehen ihnen gut. Eine gute Wahl, wirklich sehr schön.“
Schmidt mochte es nicht, von Verkäufern behelligt zu werden. Allenfalls fragte er sie, wo sich eine bestimmte Ware befand, ansonsten wollte er nichts mit ihnen zu tun haben, schon gar nicht bei solch einem lächerlichen Kaufakt von einem Paar Schuhen beraten werden.
Gereizt sah er auf. Es stand keine Verkäuferin vor ihm, sondern Frau Schröder. Eine Arbeitskollegin. Aus der Buchhaltung.
„Ach, hallo Frau Schröder“, sagt er.
„Beate“, sagte sie und streckte ihm mit einem breiten Lächeln ihre Hand entgegen.