Freitag, 24. Mai 2019

Nun ist er alt und hat das Meiste satt. Das wohlige Zubettgehen am späten Abend ist ihm inzwischen das Liebste


Unvorsichtig bezeichnete Frau P. in der Mittagspause ihre Arbeit als monströse Lebenszeitverschwendung. Tags darauf wurde sie ins Büro des Direktors zitiert. Der gratulierte ihr amüsiert zu ihrer Formulierung, bat sie aber, seine Zustimmung für sich zu behalten.


Der schüchterne Herr L. schwelgt ab und an immer noch in der rührseligen Vorstellung, wie seine Arbeitskolleginnen wohl die Nachricht seines überraschend tragischen Todes aufnehmen würden. Dabei wird ihm peinlich bewusst, wie viel kindisches Gemüt noch immer in ihm steckt.


Und dann wurden für ihn die eigenen Lügen wahrhaftiger als all diese lästigen Wahrheiten; endlich kam er im Leben voran.


Aus einer unbegreiflichen Laune heraus besuchte er am Samstagabend den örtlichen Jahrmarkt. Unbeholfen inmitten des lärmenden Getümmels dauerte es keine viertel Stunde, bis er sich widerwillig selbst als hochnäsig und pikiert empfand.


Seine Verachtung gegenüber seiner Arbeitsstelle war inzwischen so groß, dass er nicht einmal mehr Kritik an ihr übte. Als er sich letztens noch bei Arbeitskollegen kritisch geäußert hatte, empfand er es im Nachhinein als peinliches Eingeständnis seiner Zugehörigkeit.


Herr L. ging hart mit sich selbst ins Gericht, verzieh sich nichts, quälte sich mit peinlichen Erinnerungen. Offenbar war er unzufrieden mit sich und mochte sich nicht besonders. - Noch ein Grund mehr für ihn, sich nicht zu mögen.