Sonntag, 17. Februar 2019

Die Angestellten genießen ihre Gnadenfrist mit dem bald in Rente gehenden, berufsmüden und altersmilden Geschäftsführer Dr. Hans P. Die potentiellen Nachfolger, allesamt eitle Ehrgeizlinge, beziehen bereits Stellung.


Als die neue Bereichsleiterin Larissa L. einen Nervenzusammenbruch erlitt, lachte der Vorarbeiter Karsten 'Kralle' R. sich schlapp, weil er sich an seine Schulzeit erinnert fühlte, wo sie die Referendarinnen da immer so fies fertig gemacht hatten.


Ihre innere Härte und emotionale Kälte verzögerten ihren Alterungsprozess. Mit einer nahezu pathologischen Genugtuung betrachtete sie den körperlichen Verfall ihres einst so stolzen und herrischen Mannes.


Auch wenn es für ihn wohl die Arbeitslosigkeit bedeutet, betrachtet der Lohnbuchhalter Uwe W. den sich abzeichnenden Niedergang der Firma mit diebischer Freude. Gefangen in Frustration und Lethargie ist ihm inzwischen jede Art von Veränderung in seinem Leben willkommen.


Als der Sachbearbeiter Jens P. dann statt des üblichen Familienfotos das Filmzitat "Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen ..." als gerahmte Devise auf seinen Schreibtisch stellte, irritierte das Kollegen und Vorgesetzte unangenehm.


Da kann man wirklich nicht meckern, bemerkte Gisela L. angesichts der wirklich günstigen Preise. Misslaunig fühlte sie sich um ihr Meckern betrogen.


Er blieb auch im hohen Alter neugierig und aufmerksam, erkannte immer wieder Neues im vermeintlich Vertrauten. Das meiste gefiel ihm nicht, aber er blieb dran, er bewahrte sich seine Würde.


Statt mit Alkohol solle er sich doch mal für die überstandene Arbeitswoche mit etwas anderem belohnen. Alles, was diese nichtsnutzigen Narren ihm ernsthaft als Alternative vorschlugen, kränkte ihn zutiefst in seiner Ehre.


Mit 16 flog Kai von der Schule, in keinem Job hielt er sich länger als 3 Monate, seine Ex hat ein Kontaktverbot erwirkt und seine Tochter will nichts von ihm wissen, in 8 Lokalen hat er Hausverbot. So langsam fragt sich Kai echt, was mit all den Leuten eigentlich nicht stimmt.


Joely O. hatte den Minimalismus-Lifestyle für sich entdeckt. In ihrer privilegierten Position war es kein Problem für ihre Eltern, auch bei dieser spätpubertären Phase gelassen zu bleiben und ihr nachher wieder Kleiderschrank und Wohnung großzügig zu füllen.


Gelegentlich, in ganz besonderen, spirituellen Momenten, nach einem dreiviertel Liter Wodka etwa spürt Ludwig W., den Blick gen Himmel gerichtet, dass irgendwo da draußen eine große, eine unermesslich große Gleichgültigkeit im Gange ist.