Samstag, 5. Februar 2022

 Jeden Morgen kam er wie angestochen hier ins Büro und kaum hatte er den PC an und die Fachanwendung offen, machte er schon das erste Mal die Boris Becker-Faust. Er lebte in einer Welt voller Abenteuer, Prüfungen und Heldenmut. Ich ging raus und zog mir im Flur noch einen Automatenkaffee.


Er schlurfte ums Eck, zum Netto, Kippen und Bier. Die Stadt war tot, er war tot und der Kassierer war so richtig tot.


Seit 33 Jahren ist er jetzt Steuerfachgehilfe und in all der Zeit war für ihn kein Tag wie der andere gewesen. – Nein, natürlich hatte das nichts mit dem Beruf zu tun.


War Ines S. mal wieder ob der Liederlichkeit ihres unmöglichen Mannes Olaf S. in gereizter Stimmung, so bekamen das im Büro dann ihre männlichen Kollegen den ganzen Tag über zu spüren. Ausnahmslos alle. Aber vor allem der Dirk W.
Warum? – Weil das Leben ungerecht war.


Die völlige Erschöpfung war für Marga A. der einzig legitime Grund für ein nichtstuerisches Herumsitzen. Dass ihr Mann, Udo A., kein Problem damit hatte, einfach nur so nichtstuerisch herumzusitzen, brachte sie regelmäßig zur Weißglut und so gingen die Jahre ihrer Ehe ins Land.


In der in die Jahre gekommenen Shopping-Mall läuft aus Deckenlautsprechern veraltete Popmusik in Endlosschleife, sonst ist es ruhig. Melancholisch veranlagte Menschen kommen jetzt gern, schlendern durch die leeren Gänge, einige machen Fotos, man kennt sich.