Sonntag, 3. November 2024

 Als Kind wollte er Kontinente erobern und als junger Mann die Herzen der Frauen und die Welt der Finanzen. Jetzt ist er 32 und er will nur einmal einen Tag ohne Ärger erleben, einen Tag, an dem er nicht von einem Kunden blöd angemacht wird, oder sonst wem, einen Tag nur.


Noch konnte er die Sprache nicht, verstand kein Wort von dem, was die Leute hier in der Bahn miteinander redeten. Aber er war sich sicher, es war im Grunde das gleiche Gerede wie das in seiner alten Heimat und somit ganz froh, es nicht zu verstehen.


Was er an diesen Spießbürgern so hasste, war die Erfahrung, dass sie letztlich so oft recht behielten und dass er mehr und mehr selbst einer wurde.


Er kaufte am liebsten nur noch billig. Da wurde er genauso oft getäuscht, über den Tisch gezogen und beschissen wie bei dem teuren Zeug, aber eben auf nur niedrigem Niveau.


Er wartete im Shoppingcenter auf seine Frau, die dort die Boutiquen durchstöberte. Er hatte sich einen Kaffee bestellt und beobachtete die Leute, bemerkte andere Männer, die es auch so machten. Er gehörte jetzt also dazu – und es war okay. Inzwischen war es okay.


Nie hörte man von ihm ein böses Wort, nie. Er war jetzt kein Heiliger oder'n Schöngeist oder so. Und einige warfen ihm auch Harmoniesucht vor, Feigheit sogar. Aber das war's nicht. Irgendwie spielte er, was das anging, einfach in 'ner anderen Liga als wir.