Mittwoch, 12. September 2018

Der Frührentner Ernst S. inspiziert mit seinem Dackel Würfel die vom Gartenbauamt frisch gemähte Grünfläche. Die Rasenkanten wurden nachlässig geschnitten, aber dafür sind die Mähbahnen schön geradlinig, so dass er diesmal von einem Anruf beim Gartenbauamt absieht.
Als der wortwuchtige Gebrauchtwagenhändler ihm den protzig getunten BMW mit dem Versprechen anpries, dass jede verfickte Schranke augenblicklich einen Ständer bekommt, wenn er mit diesem krass gepimpten Bock vorfährt, überzeugte ihn das endgültig.
Nachdem der Horoskopschreiber Robert S. von dem Chefredakteur nachdrücklich angewiesen wurde, die Horoskope gefälligst wieder positiv zu formulieren, konnte die hiesige Tageszeitung ihren massiven Leserschwund immerhin halbwegs wieder auffangen.
Der sich selbst als durchschnittlich wahrnehmende Herr L. wünscht sich immer häufiger, er wäre einer dieser reichen Schnösel oder einer dieser vulgären Proleten; für diese scheint ihm nämlich diese Welt eingerichtet zu sein.
Zunächst fiel es ihm schwer, sich einzugestehen, dass sein Leben ohne sein Zutun noch am besten läuft. Aber dann stellte er fest, dass es in der Position des Zaungastes erheblich mehr zu lachen gibt.
In melancholischen Momenten fragte sich der Used-Look-Jeans-Riss-und-Loch-Designer Jean-Luc R., ob seine ehemaligen Dozenten der Kunsthochschule wohl stolz auf ihn wären.
Der hemdsärmlig, bierbäuchig und breitbeinig daherkommende Gerd R. steht wegen seines handwerklichen Könnens und seiner anpackenden Hilfsbereitschaft bei den hiesigen Singlefrauen hoch im Kurs. Seiner Frau passt das gar nicht, sie muss ihn ständig bei Laune halten.
Der Grunge-Fan der ersten Stunde Karsten S. trägt noch heute zerrissene Jeans und Holzfällerhemden und als besonders konsumkritisches Statement seine prall gefüllten Einkaufstüten so tief, dass sie fast auf dem Boden schleifen.
Der ihm von einer Kollegin wärmstens empfohlene Zahnarzt Dr. Uwe W. trägt auf seiner Praxis-Homepage ein Hemd der Marke "Camp David". Da geht er nicht hin.
Der von seinem Rücken geplagte Herr M. hegt inzwischen den Verdacht, dass bei der Entwicklung sogenannter Schmerz-Salben ausschließlich deren ausgeklügelter Geruch - medizinisch und doch angenehm wohlriechend - von Bedeutung ist.
Anstatt die akuten Probleme entschlossen und pragmatisch anzugehen, ziehen sie es vor, sich in ideologischen Grabenkämpfen gegenseitig mit Dreck zu bewerfen. Elfriede und Gustav S. sind es leid; beide werden sie zum ersten Mal in ihrem Leben irgendeine manierliche Mini-Partei wählen.
Qualitativ hochwertige Waren funktionieren oft länger, als sie modern sind und müssen dann schlechten Gewissens entsorgt werden. Immer mehr Hersteller möchten das ihren geschätzten Kunden keinesfalls zumuten.
Altersarmut ist der Lieblingsaufreger des kurz vor der Pensionierung stehenden und für seinen haarsträubenden Geiz berühmt-berüchtigten Gymnasiallehrers Hans-Joachim H.
Als die neben dem äußerst geräuschempfindlichen und impulsiven Richard R. sitzende Studentin Lisa S. in dem überfüllten ICE eine Tupperdose voll mit rohen Möhren öffnete, hatte sie keinen blassen Schimmer, welcher Gefahr sie sich gerade aussetzte.
Um, wie er es selbst sagt, "seinem Leben mehr Schärfe und Pep zu verleihen", bestreicht der alleinstehende Archivar Lutz U. sein Pausenbrot neuerdings mit Meerrettich. Seine ebenfalls alleinstehende Kollegin Pia S. findet das lustig und irgendwie auch sexy.
Der ortsbekannte Schmierlappen von Bad Großbrüchhain und selbsternannte Womanizer Marcel R. nutzte schon früh Dating-Apps, um sein "Jagdrevier" zu erweitern. Als sich auch dort sein Erfolg bei der Damenwelt in engen Grenzen hielt, wusste er auch nicht weiter.