Dienstag, 30. November 2021

 "Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen." (Hugo v. Hofmannsthal)
Immer schön nach dem ewigen Auf-die-Fresse-fallen.

"Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche." (D. Bonhoeffer)
Sagten sich damals schon die ollen Galeerensklaven, um sich aufzumuntern.

"Arbeit sei dir dreierlei: Nährer, Freudenbringer und Arznei." (Emil Oesch)
Yeah, Arbeit! Sex'n'Drugs'n'Rock'n'Roll sind'n müder Furz: Arbeit rockt!

"Willst du viel, spül mit Pril!" (Pril)
An diesem Zitat gibt es für mein Dafürhalten nichts auszusetzen.

 So lässig und lustig, wie er es sich vorher in seinem Kopf ausgemalt hatte, war's dann doch nicht, wieder mal. Aber er lässt sich nicht unterkriegen, sein Kopf ist und bleibt ein toller Ort.


Ging er nun durch die Stadt, konnte er sich nicht des Eindrucks erwehren, dass inzwischen besorgniserregend viele Menschen, jung wie alt, zweifelsohne dem Zucker und der trivialen Unterhaltung verfallen waren.


Über Geld sprach man hierzulande nicht, dafür umso eher über die Arbeit, gern ausschweifend und detailversessen, mitunter schamlos erregt. Den monetären Aspekt überließ man dabei der Phantasie des Zuhörers.


Die Anderen blieben ihm fremd, machten ihm Angst. Wie hätte er ihr Leben leben, ihre Spielchen spielen können?
Er blieb lieber allein und sie mochten ihn nicht, weil er damit auch noch so unverfroren zufrieden war.


Nie wusste er so recht, womit er eigentlich mal sein Geld verdienen wollte. Jetzt verdient er seit über 20 Jahren im gleichen Beruf sein Geld und weiß es immer noch nicht.


In der Vorweihnachtszeit ist sein Weg zur Arbeit anders: Lichterketten schmücken die Kälte und Nässe, spiegeln sich in ausgelatschten Pfützen.
Und auf dem Heimweg dann auch.

Sonntag, 21. November 2021

 Was mache ich hier überhaupt? An dieser Frage wollte er immer wieder verzweifeln. Bis er dazu überging, sie nur noch wörtlich zu nehmen. Jetzt zum Beispiel saß er im Büro und pellte sich eine Mandarine, eine zweite um genau zu sein. Es war gerade die Zeit für Mandarinen.


Allerdings, da es nun darum ging, geduldig zu warten, bis sich diese ihm lästige Angelegenheit von allein erledigt, da reihte er sich widerstandslos ein in die Riege der ihm sonst so divergenten Geduldsmenschen.


Es ist, wie's ist und es kommt, wie's kommt, sagte Oma immer, als es mit ihr langsam zu Ende ging, und vielleicht ist das ja schon alles, was man wissen muss.


Als Kind fand er ihn immer schön. Den wahren Charakter des Weihnachtsmarktes lernte er dann erst unter dem Geselligkeitszwang eines Betriebsausflugs kennen. Die ganze Abteilung war da und tat amüsiert.


Und was nimmt er nicht alles allen Ernstes ernst! Ein moralischer Mensch will er sein, durch und durch.
Und nun folgt ihm auch noch der Zeitgeist, das macht ihn ja noch unausstehlicher!


Aus Mangel an Humor versteifte er sich auf eine schrullige Ernsthaftigkeit, die an Humor kaum zu überbieten war.


Den Begriff "Ruhestand" wörtlich und ernst zu nehmen, ist ein richtungsweisender und maßgeblicher Punkt in meiner persönlichen Agenda des Älterwerdens.
(Keine Busreisen. Niemals!)

Sonntag, 7. November 2021

 Letzten Endes kommt es vielleicht nur darauf an, dass man trotz allem einfach immer ein freundlicher, umgänglicher Mensch geblieben ist. Ich jedenfalls möchte mich mal nur so verabschieden.


Früher hat er in dieser Absturzkneipe gejobbt, oft so betrunken, dass er nicht mehr wusste, ob er noch Bedienung oder selbst Gast war. Irgendwie hat er's aber immer hingekriegt. Jetzt ist sein Leben bürgerlich, mit Frau, Kind und Vollzeitstelle, und er kriegt's immer weniger hin.


Aber wohin jetzt mit der Trunkenheit? Sonst hat er immer gern Musik gehört, aber jetzt? Nichts mehr, nur noch Leere, irgendwie läuft bei ihm alles ins Leere, jetzt sogar das Trinken, Teufel auch! Er gießt sich noch einen ein.


So reihte er sich ein in das Heer der gescheiterten Existenzen, die den schrillen Versprechungen der Popkultur auf den Leim gegangen waren. Musiker wollte er werden, Rockstar, und dann als Schauspieler durchstarten. Er zog im Foyer des Jobcenters die Nummer 748 und setzte sich.


Auf der Arbeit ist er außerordentlich freundlich und zuvorkommend, lacht über deine Scherze, zeigt für alles Verständnis und betont gern seine Zustimmung und Begeisterung. Nie erlebt man ihn anders und je länger man ihn kennt, desto unsympathischer wird er.


Er fällt anderen schnell ins Wort, schon aus Gewohnheit. Für ihn ist das was Grundsätzliches: Würde er anderen zuhören, sich für ihren Scheiß interessieren, wäre er nicht da, wo er jetzt ist und er fühlt sich wohl, wo er jetzt ist - sauwohl!


Als Kind wurde er von vorn bis hinten verhätschelt und mit der Erwartungshaltung schlich er dann durchs Leben. Immerhin hatte er aber eine schöne Kindheit.


Obwohl er nur noch wenig trank, hatte er immer genug Alkohol für einen Vollrausch vorrätig. Allein die Möglichkeit beruhigte und befreite ihn und allein das, Beruhigung und Befreiung, war es ja, was er überhaupt noch vom Alkohol wollte.


Weil er meint, klüger zu sein als andere, wird er schnell ungeduldig mit anderen. Das ist nicht nett. Und auch eher weniger klug.


Damals hatte er sich mal mit einem Edding den dritten Streifen auf seine Turnschuhe gemalt. Dass er da erst recht ausgelacht wurde, hat er längst vergessen. Heute Abend wird er jedenfalls mit dem geliehenen Sportwagen mal wieder die Partymeile rauf- und runterbrettern.


Auch er hatte diese kindliche Phase, als er Fliegen quälte, ihnen Flügel oder Beine ausriss, sie lebend in ein Spinnennetz warf, bösartig und sadistisch. Es ist in ihm, doch er hatte Glück und wuchs zu einem normalen, freundlichen Mann heran, harmlos und empfindsam.


Während sie von ihrer erfolgreichen "Work-Life-Balance" und der generellen Wichtigkeit von "Self-Care" redete und redete, saß Paketzusteller Jens S. nur einen Tisch weiter und musste sich das anhören.


Damals, als man sich noch am Wochenende nachts um halb zwei sternhagelvoll kennengelernt hatte, da kam man schneller zur Sache, die Beziehungen hielten dann aber auch jetzt nicht so viel länger als heutzutage.

 "Wenn man nicht weiß, wohin man will, so kommt man am weitesten." (W. Shakespeare)
Oder man bleibt einfach mal mit dem Arsch zu Hause.

"Liebe ist, was dich lächeln lässt, wenn du müde bist." (Paulo Coelho)
Oder Selbstgefälligkeit. Oder Omis Opiate.

"Einen Weg wählen hieß andere Wege aufgeben." (Paulo Coelho)
Als er die Pizza bestellte, traf ihn die Erkenntnis, dass er nun keine Nudeln bekam.

"Diejenigen, die wir lieben, können uns am meisten verletzen." (Paulo Coelho)
"Nein! Doch! Ohhh!"

"Die meisten leben in den Ruinen ihrer Gewohnheiten." (Jean Cocteau)
Die Gewohnheitsmenschen, die ich so kenne, habens meistens aber eher behaglich.

"Das Leben ist ein Bumerang: man bekommt zurück, was man gibt." (Dale Carnegie)
Haben Sie schon mal nen Bumerang geworfen? Und? Isser zurück gekommen?

"Es ist nie zu spät, das zu werden, was man hätte sein können." (George Eliot)
Etwa so wie der 80jährige, der aus dem Fenster stieg und dann nicht mehr wusste, was er jetzt im Garten wollte und wieso er überhaupt aus dem Fenster raus ist?