Dienstag, 17. September 2024

 Er war jetzt 71 und er hockte viel vorm Fernseher, hatte eine schmale Rente, trank. Seine Frau war vor 3 Jahren gestorben, vor Kummer hieß es, wegen ihm. Er dachte kaum noch an sie, er hatte verdammt nochmal jetzt einen anderen Scheiß um die Ohren.


Um 5:15 Uhr steht er auf, macht sich fertig, fährt zur Arbeit. Und freitags um 16:00 Uhr wacht er auf, so halbwegs, für die dann etwas angenehmeren Routinen.


Die Morgensonne tauchte das Haus gegenüber in ein goldenes Licht. Und ruhig war es draußen und frisch. Aber er musste jetzt los zur Arbeit, das ruinierte alles.


Sie logen sich gegenseitig die Hucke voll, machten sich selbst was vor, aber so funktionierte es. Nur so funktionierte es.


Er war kein Überflieger, auch in keinster Weise originell, aber er war ehrgeizig, eitel, geltungssüchtig. Und so fuhr er erst seine Arbeit an die Wand und dann sich selbst. Er war ein Idiot.


Privat wie auf Arbeit: als stünde er nur noch neben sich. Und tatsächlich hatte er sich längst innerlich abgewandt, es nur noch nicht in aller Konsequenz realisiert.


Bewerben sollte und musste er sich, um einen Job, um eine Wohnung, um eine Mitgliedschaft, um ein Praktikum – um eine Frau. Er hatte die Schnauze voll vom Bewerben, nie lief's anders rum, immer war er der Bittsteller, von Anfang an. Genau wie schon sein Vater.