Er war unzufrieden mit sich, mit seinem Leben, wusste aber nicht, was er dagegen tun sollte, was er machen könnte. So wartete er darauf, dass sich vielleicht mal was für ihn ergab, dass endlich mal was passierte. Dass er auf Krankheit und Tod wartete, kam ihm nie in den Sinn.
Seine Eltern wollten, dass er es so anging und machte wie sie, dass er ihr Leben lebte; durch ihn wollten sie ihr Leben nochmal bestätigt sehen. Für ihn war's dann auch das Bequemste und Einfachste und so machte er's dann und so war dann alles in bester Ordnung bei ihnen.
Den Großteil seines Lebens verbrachte er im Büro, es war immer dasselbe Büro gewesen. Aber insgesamt dreimal bekam er neue Möbel: einen neuen Schreibtisch und einen neuen Stuhl. – Und sogar viermal einen neuen Rollcontainer.
Montag, 28. Juli 2025
Freitag, 25. Juli 2025
Eigentlich war er ja noch zu jung dafür, dass ihm alles so fad und einerlei oder auch völlig absurd und lächerlich erschien. Aber man ist immer so alt, wie man sich fühlt.
Das Wetter: seit Tagen grauer Einheitsbrei – wie seit Jahren sein Alltag: seine Arbeit, seine Gespräche, seine Zerstreuung. Eine Zeitlang schaute er noch aus dem Fenster, dann machte er weiter mit dem sinnlosen Scheiß. 4 Stunden noch bis zum Feierabend. 4 Stunden.
Nein, so toll war's nun wirklich nicht – er sagte das nicht aus Boshaftigkeit, auch nicht aus Frustration, es war letztlich seine Überzeugung, seine Sicht auf die Welt. Man hätte es ihm auf den Grabstein meißeln können, hätte er nicht auf eine anonyme Beisetzung bestanden.
Mittwoch, 23. Juli 2025
Er war zu ungeduldig. Auch beim Trinken. Er schüttete das Bier in sich rein, als wollte er's nur schnell hinter sich bringen. Hatte kaum was davon. Als er dann mit Mitte 20 mit dem Hochprozentigen anfing, wurde's fatal; er wollte es wohl nur schnell hinter sich bringen.
In seinem Hirn bestand da diese Verknüpfung zwischen dem Alkohol und dem Glück der Jugend, das natürlich längst vergangen war, aber immer wieder heraufbeschworen werden wollte. Es war ihm bewusst und doch machte er sich immer wieder zum Narren, jedes Wochenende.
Samstag, 19. Juli 2025
Seine Dreistigkeit verhalf ihm immer mal wieder zu kleinen Erfolgserlebnissen, dann fühlte er sich auf eine gehässige Art als Gewinner. Und irgendwo ahnte er es: Mehr war ohnehin nicht für ihn drin.
Penetrant und schwatzhaft war er und in einem fort beteuerte und schwor er irgendwas. Um sich aufzuspielen. Oder um von was abzulenken oder auch beides. Man hörte ihm zu, wie man einem kläffenden Hund zuhört. Oder einem nervtötenden Kind. Es hatte ja doch keinen Sinn mit ihm.
Donnerstag, 17. Juli 2025
"Ja, das stimmt", antwortete er mir wieder. Wieder mit einem freundlichen Lächeln – weil er gut erzogen war. Ich ahnte, ich war jetzt der Alte, der, der dabei war, den Anschluss zu verlieren, keinen Durchblick mehr hatte. So langsam musste ich lernen, mehr den Mund zu halten.
Ja, er war ein alter Mann, ein trauriger alter Mann. Aber diese Clowns, die ihm das allen Ernstes zum Vorwurf machten, was waren die schon.
Laut, rücksichtslos, egozentrisch: Kindsköpfe, alte wie junge, die Welt ist voll davon. Ein Königreich für ein Refugium!
Sonntag, 13. Juli 2025
Je freundlicher und höflicher sich das Umfeld präsentierte, desto vorsichtiger und misstrauischer wurde er. Längst schon fragte er sich nicht mehr, warum die Menschen bloß so sind, längst hatte er es akzeptiert. Im Grunde war er ja auch nicht anders.
Sprachsensibel sollte er werden, da müsse er unbedingt an sich arbeiten. Seine Gemeinheiten und Boshaftigkeiten etwa professioneller verpacken. Dass sich da kein Strick draus drehen lässt. Jetzt nur mal als Beispiel.
Den neuesten Schnickschnack kaufen und noch während er sich in der Einkaufstüte befindet, schon das Interesse dran verlieren. Beim Kauf im Internet hingegen hat man immerhin noch das Erlebnis der Lieferverfolgung, der Zustellung und des Auspackens.
Und sollte ihm wieder jemand kommen mit der Empfehlung, oder gar Aufforderung, das Leben zu genießen, sollte wieder jemand diese dümmliche Dreistigkeit besitzen, so wird er dann wohl wieder zustimmen und lächeln und wieder dieses bedrückende Scheißempfinden haben.
Donnerstag, 10. Juli 2025
Das Leben an den Hörnern packen, ein Macher sein, große Töne spucken und gockelgleich umherstolzieren: Vielleicht war es ja das, was sich seine Eltern von ihm versprochen hatten – nun, so wie sie immer über ihn herzogen und ihn runtermachten, wird es wohl das gewesen sein.
Ständig, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, bei jedem "Wie geht's?" betonte er, wie prächtig es ihm geht, wie schön und geregelt alles bei ihm ist, dass er das Leben nur noch genießt. Fast schon glaubte er es selbst.
Seit geraumer Zeit aber setzte er schon eher Hoffnungen in den Zufall als in die Menschen.
Viele Jahre schon war er berufsmüde, hasste alles an seiner Anstellung, wollte da raus. Jeden Morgen vor Dienstantritt studierte er die Stellenanzeigen und das zog ihn dann noch weiter runter, stimmte ihn ein auf den nun anstehenden, unausweichlichen Arbeitstag.
Nein, hier zu leben, war nicht schön. Und all diese vielen schönen Ecken, von denen sie immer schwärmten und faselten, diese Touristenmagnete, da ging man doch als erstes schon nicht mehr hin, die hatte man doch längst am meisten satt.
Montag, 7. Juli 2025
Sein Brett vorm Kopf war längst mit dem Hirn verwachsen, ein Entfernen lebensbedrohlich.
Er hatte den Humor des Verzweifelten und die Leute verstanden das nicht. Die Leute waren glücklich oder auf eine dumme Art unglücklich und verstanden es nicht – verstanden weder ihn noch seinen Humor, das Gesicht verzogen sie ihm gegenüber.
Seit er sich nicht mehr um die Kleidermode scherte, war er ihr immer mal wieder um Jahre voraus.
Donnerstag, 3. Juli 2025
Mittwoch, 2. Juli 2025
Mit etwa 28 war's dann aber vorbei mit der Nachtschwärmerei. Mit der Action. Der affigen Frauensuche. Er blieb daheim, trank da. Da hatte er ein Klo für sich und überhaupt – es schien ihm zukunftsweisend.
Schon als Kind wurde ihm immer schlecht. Im Auto, im Bus, im Zug, auf dem Wasser, in der Luft: Stets mit dem Gefühl von Übelkeit und Brechreiz sah er was von der Welt.